Methodenvalidierung in der biopharmazeutischen Analytik - ICH Q2 und mehr

ICH Q2 - State of the Art Validierung in der Analytik

Die Leitlinie "ICH Q2(R2) Validation of analytical procedures"  der  International Conference on Harmonization of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use ist von maßgeblicher Bedeutung für die Entwicklung und Implementierung analytischer Verfahren in der pharmazeutischen Industrie. Das Dokument definiert das Vorgehen bei der Methodenvalidierung in der Analytik.
Die Bedeutung von ICH Q2 liegt in der Tatsache, dass es einen standardisierten Rahmen schafft, um sicherzustellen, dass analytische Verfahren zuverlässig, genau und reproduzierbar sind. Dies ist für die Qualitätssicherung von Arzneimitteln von entscheidender Bedeutung, da analytische Verfahren zur Bestimmung von Identität, Reinheit, Gehalt und anderen kritischen Eigenschaften von Arzneimitteln eingesetzt werden.
Die aktuelle Version der ICH Q2(R2)-Leitlinie zur Validierung von Analyseverfahren - Schritt 5 - Revision 1 wird am 14. Juni 2024 in Kraft treten.

Durch die Einhaltung der ICH Q2-Leitlinien können Pharmaunternehmen sicherstellen, dass ihre Analysemethoden den internationalen Standards entsprechen. Dies trägt dazu bei, die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln weltweit zu gewährleisten und die regulatorischen Anforderungen in verschiedenen Ländern zu erfüllen. Insgesamt spielt ICH Q2 eine wesentliche Rolle bei der Gewährleistung der Produktqualität und der Patientensicherheit in der pharmazeutischen Industrie.

Die Herausforderungen bei der Anwendung der ICH Q2-Leitlinien auf Biopharmazeutika können aufgrund der komplexen Natur dieser Produkte vielfältig sein:

  • Komplexität der Analysemethoden: Biopharmazeutika sind oft komplexer als herkömmliche Arzneimittel auf chemischer Basis. Die Analysemethoden müssen daher eine Vielzahl von strukturellen und funktionellen Merkmalen des biologischen Produkts abdecken.
  • Variabilität der Produkte: Biopharmazeutika wie Proteine, oder insbesondere Zell- und Gentherapeutika können von Charge zu Charge und sogar innerhalb derselben Charge variieren. Die Entwicklung robuster Analysemethoden, die dieser Variabilität Rechnung tragen können, ist eine Herausforderung.
  • Validierung von Bioassays: Die Validierung bioanalytischer Methoden zur Messung der biologischen Aktivität von Biopharmazeutika kann schwierig sein. Die Reproduzierbarkeit und Genauigkeit solcher Assays sind entscheidend für die Gewährleistung der Wirksamkeit und Sicherheit von Biopharmazeutika.
  • Referenzstandards: Die Verfügbarkeit geeigneter Referenzstandards für Biopharmazeutika kann eine Herausforderung darstellen, da sie oft teuer sind und spezielle Anforderungen an Lagerung und Handhabung stellen. In bestimmten Fällen sind Sie bei patientenindividuellen Produkten, Kleinstchargen oder ähnlichem gar nicht verfügbar. Für viel der neueren Produkte ist der Hersteller gezwungen, seinen eigenen Standard zu definieren, herzustellen und zu charakterisieren, da es keine internationalen Standards gibt und in den meisten Fällen auch nicht zu erwarten ist, dass es welche geben wird. Bei vielen ATMPs kommt die Herausforderung der limitierten Chargengröße der Haltbarkeit und der Vergleichbarkeit des Standards mit individuellen Chargen hinzu. Speziell für einige Zelltherapie-Produkte ist die Festlegung eines Standards so gut wie unmöglich.
  • Technologischer Fortschritt: Die rasche Entwicklung neuer biotechnologischer Methoden und die Einführung neuer Biopharmazeutika stellen ständig neue Anforderungen an die Validierung analytischer Methoden. Regulierungsrichtlinien müssen flexibel genug sein, um mit diesen technologischen Fortschritten Schritt zu halten.

Insgesamt erfordern Biopharmazeutika eine sorgfältige Anpassung der ICH Q2-Leitlinien, um ihre einzigartigen Merkmale und Anforderungen zu berücksichtigen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Aufsichtsbehörden und akademischen Einrichtungen, um robuste und zuverlässige Analysemethoden für Biopharmazeutika zu entwickeln und zu validieren.

Zusammenhang mit "ICH Q14 Analytische Verfahrensentwicklung"

Die ICH Q14 Guideline on analytical procedure development - Step 5 beschreibt laut EMA "wissenschaftliche und risikobasierte Ansätze für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von analytischen Verfahren, die für die Beurteilung der Qualität von Arzneimittelsubstanzen und -produkten geeignet sind. Sie gilt für neue oder überarbeitete analytische Verfahren, die für die Freigabe- und Stabilitätsprüfung von kommerziellen Arzneimittelsubstanzen und -produkten (chemisch und biologisch/biotechnologisch) verwendet werden. Die Leitlinie kann auch auf andere Analysemethoden angewendet werden, die als Teil der Kontrollstrategie nach einem risikobasierten Ansatz eingesetzt werden."
Mit anderen Worten, ICH Q14 nutzt die Grundsätze von ICH Q2 und ICH Q8/9/10 und bietet eine Anleitung für die Entwicklung von Analysemethoden in der pharmazeutischen Entwicklung. Umgekehrt ist es auch so, dass die ICH Q2 auf die ICH Q14 verweist und dass z.B. die Robustheit in der Validierung aus einem DOE in der Entwicklung stammen darf.

Die Verbindung zwischen ICH Q2 und ICH Q14 besteht darin, dass ICH Q14 als Ergänzung zu ICH Q2 angesehen werden kann. Während ICH Q2 die Grundsätze für die Validierung von Analysemethoden festlegt, zielt ICH Q14 darauf ab, zusätzliche Leitlinien für die Entwicklung und Optimierung von Analysemethoden bereitzustellen.

Einige der Hauptziele von ICH Q14 sind:

  • Förderung eines systematischen und wissenschaftlichen Ansatzes für die Entwicklung und Optimierung von Analysemethoden.
  • die Bereitstellung von Leitlinien für die Entwicklung neuer Analysemethoden sowie für die Überarbeitung bestehender Methoden
  • die Bedeutung der Qualität und Leistung von Analysemethoden während ihres gesamten Lebenszyklus, einschließlich Entwicklung, Validierung, Implementierung, Anwendung und Überarbeitung, zu betonen.

Durch die Berücksichtigung von ICH Q14 in Verbindung mit ICH Q2 können bzw. müssen Pharmaunternehmen einen effektiveren Ansatz für die Entwicklung und Validierung von Analysemethoden in der pharmazeutischen Industrie gewährleisten, die den ganzen Lebenszyklus der analytischen Methoden umfasst. Die Entwicklung inkl. der entsprechenden Dokumentation ist jetzt Teil des Life Cycle, und der Lyife Cycle für GMP beginnt nicht mehr erst bei der Validierung.

DoE - wie Statistik bei ICH Q2/Q14 helfen kann

In diesem Zusammenhang ist auch die statistische Versuchsplanung (DoE) von Bedeutung (ICH Q14 verweist explizit auf QbD), insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung und Validierung von Analysemethoden und der Optimierung von Produktionsprozessen. DoE ist eine statistische Methode, mit der der Einfluss verschiedener Variablen auf ein bestimmtes Ergebnis untersucht wird, um somit den Prozess zu optimieren.

Im Rahmen der Entwicklung und Validierung von Analyseverfahren soll DoE eingesetzt werden, um die optimalen Bedingungen für die Durchführung von Tests zu ermitteln. Die Ergebnisse können, z.B. für die Robustheit, in  der späteren Validierung herangezogen werden. Durch die systematische Variation von Faktoren wie Analysemethoden, Reagenzien oder Betriebsbedingungen können die Auswirkungen dieser Faktoren auf das Analyseergebnis verstanden und optimale Bedingungen ermittelt werden, die dann zu genaueren und reproduzierbareren Ergebnissen führen.
Durch die Anwendung von DoE können Pharmaunternehmen Zeit und Ressourcen sparen, indem sie die Entwicklung und Validierung von Analysemethoden und Produktionsprozessen effizienter gestalten. Sie trägt bei der Analytik dazu bei, die Produktsicherheit zu verbessern. Die Anwendung bei den Produktionsprozessen erhöht entsprechend die Produktqualität und Pateientensicherheit.

Mit den moderne Aspekten der Methodenvalidierung, den regulatorischen Hintergründen bis hin zu den statistischen Ansätzen mit einem besonderen Fokus auf biopharmazeutische Produkte befasst sich das Seminar A16: "ICH Q2 und mehr - Validierung analytischer Methoden in der Biotechnologie (A 16)" vom 14.-16. Mai 2024 in Mannheim.

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