Detailanalyse zum neuen Aide memoire Reinigungsvalidierung (Teil I)

In unserer News vom 14. August 2023 sind wir schon in der Übersicht auf das neue Aide memoire "Inspektion der  Reinigungsvalidierung und -verifizierung" eingegangen. Im Folgenden einige ausgesuchte Detailinformationen zu diesem sehr umfänglichen Dokument. Zur Erinnerung nochmals das Inhaltsverzeichnis:

Inhalt
1 Zweck
2 Regulatorische Rahmenbedingungen und ergänzende Referenzen
3 Gegenstand und Geltungsbereich des Dokumentes
4 Ziele der Inspektion
5 Allgemeine Aspekte der Reinigungsvalidierung und -verifizierung
5.1 Grundsätzliche Herangehensweise
5.2 Verantwortliches Personal
5.3 Qualitätsmanagementsystem/Qualitätspolitik
5.3.1 Verfahrensanweisungen
5.3.2 Reinigungsvalidierungsmasterplan.
5.4 Wissensmanagement
5.5 Einsatz produktbezogener Ausrüstung, Gruppenbildung, ‚bracketing‘ und ‚worst case‘-Ansätze
5.6 Risikobeurteilungen
5.7 Voraussetzungen für die praktische Durchführung von Validierungen/ Verifizierungen
5.7.1 Personal
5.7.2 Reinigungsverfahren
5.7.3 Ausrüstung
5.7.4 Bewertung potenzieller Rückstände
5.7.4.1 Gesundheitsschädliches Potenzial
5.7.4.2 Reinigbarkeit der Rückstände
5.7.5 Analytische Methoden zur Rückstandsbestimmung
5.8 Freigabe von Reinigungsverfahren, Geräten, Produkten
6 Durchführung der Reinigungsvalidierung
6.1 Visuelle Inspektion
6.2 Auswahl der zu reinigenden Geräte und Reinigungsverfahren
6.3 Ermittlung der kritischen Stellen im Gerät
6.4 Auswahl der betrachteten Vorprodukte/Rückstände
6.5 Auswahl der Folgeprodukte
6.6 Auswahl des Probenahmeverfahrens
6.6.1 Allgemeines
6.6.2 ‚Swabbing‘ (Wischtest)
6.6.3 ‚Rinsing‘ (Spültest)
6.6.4 Alternative Verfahren
6.6.5 Probenahmeverfahren für mikrobielle Rückstände
6.6.6 Prüfung der Wiederfindung
6.7 Festlegung der Akzeptanzkriterien für maximal zulässige Rückstandsmengen
6.7.1 Akzeptanzlimits für chemische Rückstände von Wirkstoffen, deren Abbauprodukten und Reinigungsmitteln
6.7.2 Akzeptanzlimits für mikrobielle Rückstände
6.7.3 Akzeptanzlimits für bakterielle Endotoxin-Rückstände
6.8 Lagerdauer der gereinigten Ausrüstung (clean hold time)
6.9 Anzahl der Validierungsläufe
6.10 Validierungsplan
6.11 Durchführung der Validierung
6.12 Validierungsbericht
7 Reinigungsverifizierung
8 Fortlaufendes Monitoring der Wirksamkeit von Reinigungsverfahren
9 Änderungskontrolle
10 Revalidierung
11 Spezielle Aspekte von Reinigungsvalidierung und -verifizierung
11.1 Indirekt produktberührende Oberflächen
11.2 Kontinuierliche Herstellung und Kampagnen-Fertigung
11.3 Reinigungsvalidierung in der Wirkstoffherstellung
11.4 Reinigungsvalidierung für topische Produkte
11.5 Reinigungsvalidierung bei dedizierter Ausrüstung
11.6 Reinigungsvalidierung in der Verpackung
12 Begriffsdefinitionen und Abkürzungen
13 Änderungsgrund

Beginnen wir mit Kapitel 5.2, in dem auf das verantwortlichen Personal eingegangen wird. Im Falle der Reinigungsvalidierung liegt die Verantwortung eindeutig bei der Leitung Herstellung. Die QS kann sehr individuell eingesetzt werden, soll aber ihre Gesamtverantwortung auch bei Reinigungsvalidierungen und -verifizierungen wahrnehmen. Die sachkundige Person sollte über die notwendigen Informationen der entsprechenden Reinigungsverfahren verfügen bzgl. GMP-Konformität und Validität bei der Chargenfreigabe.

Im Kapitel 5.3 wird bzgl. des QM-Systems und der Qualitätspolitik darauf hingewiesen, dass das Thema Reinigungsvalidierung und -verifizierung auch über die Geschäftsführung eingebunden sein und im Qualitätsmanagement-Review bewertet werden sollte (inkl. ggf. von Verbesserungsmöglichkeiten).

Bzgl. Verfahrensanweisungen (Kapitel 5.3.1) wird erstmalig auf einen Reinigungsvalidierungsmasterplan (RVMP) hingewiesen, in dem eine oder mehrere Verfahrensanweisungen (SOPs) eingebunden sein könnten. Aufgeführt sind spezielle Aspekte, die in der Reinigungsvalidierung zu berücksichtigen sind und Inhalte von standardisierten Vorgehensweisen.

Im Kapitel 5.3.2 zum Reinigungsvalidierungsmasterplan wird ausdrücklich erwähnt, dass ein Reinigungsvalidierungsmasterplan (RVMP) nicht explizit im Annex 15 zum EU-GMP-Leitfaden gefordert wird. Dennoch wird er als "in den meisten Fällen eine praktische Notwendigkeit" benannt und Inhalte sind aufgeführt. Wird das von der Industrie als ein Hinweis auf ein "Muss" gewertet werden? Zumal der RVMP auch in den Kapiteln 5.3.1, 5.4 und 6.10 nochmals "auftauchen".

Kapitel 5.4 zum Wissensmanagement ist mit fast drei Seiten sehr umfangreich. Sehr ausführlich werden Informationen aufgeführt, die ggf. auch dem RVMP zugeordnet sein könnten. Klar benannt ist in diesem Kapitel, dass auch für Reinigungsmittel gesundheitsbasiertes Expositionslimits (HBEL) zu ermitteln sind. Empfohlen werden zudem Zeichnungen oder Fotos im Rahmen der Übersicht der Herstellungsgeräte. Explizit genannt sind in diesem Kapitel auch Kleingeräte. Ebenfalls klar benannt wird, dass im Falle einer Auftragsherstellung der Auftraggeber dem Auftragnehmer Zugang zu den toxikologischen und pharmakologischen Daten zu gewähren hat. Hierzu gab es in der Vergangenheit einige Diskussionen.  

Sehr ausführlich ist auch das Kapitel 5.6 zu Risikobeurteilungen (2 Seiten). Wo Risikobeurteilungen erforderlich sind, ist sehr detailliert in 18 Aufzählungspunkten vermerkt. Es gibt ferner einen Hinweis auf ein anderes Aide memoire zum Thema Qualitätsrisikomanagement, das allerdings derzeit nicht (öffentlich) auf der ZLG-Webseite zu finden ist. Der im Aide memoire zitierte Risikomanagementprozess selbst, ist noch nicht an die Revision 1 der ICH Q9-Leitlinie angepasst. Ein vernachlässigbarer Mangel. Als Risikomanagement-Werkzeuge können auch - sehr pragmatisch formuliert - einfache Listen (z. B. PDE-Werte) geeignet sein. Als Erfahrungen aus Inspektionen gibt es noch zwei sehr interessante Praxistipps in diesem Kapitel. Kritisiert wird einmal, dass manche Firmen zur Ermittlung eines worst case-Rückstandes die toxikologischen Risiken eines Vorproduktes und seine Reinigbarkeit gemeinsam betrachten und beide Größen dann gemeinsam in eine Berechnung einer Risikoprioritätszahl einfließen lassen. Und diese dann als Grundlage für die Auswahl einer (einzigen) worst case Substanz heranziehen. Das wird explizit ausgeschlossen, da beide Arten von Risiken nicht miteinander in Beziehungen stehen. Zum Zweiten wird angemerkt, dass es vergleichsweise häufig vorkommt, dass im Zusammenhang mit Reinigungsvalidierungen und -verifizierungen bestimmte Informationen nicht in wünschenswertem Ausmaß vorhanden sind. Genannt werden z. B. die Toxizität von neuen Wirkstoffen, Reinigungsmitteln und Zersetzungsprodukten.

Kapitel 5.7. beschreibt dann die Voraussetzungen für die praktische Durchführung von Reinigungsvalidierungen und -verifizierungen. Das Kapitel umfasst mit Unterkapiteln fast acht DIN A 4 Seiten. Sehr ausführlich werden u.a. im Unterkapitel 5.7.2 "Reinigungsverfahren" Angaben zu diesen Verfahren beschrieben (13 Aufzählungspunkte mit weiteren Unterpunkten). Im Unterkapitel Ausrüstung 5.7.3. wird eine Prüfung auf hygienisches Design gemäß der DIN EN ISO 14159 angesprochen. Ebenfalls sind Sprühschattentests in diesem Unterkapitel angesprochen. In einer Fußnote werden sogar weiterführende Informationen zu einem Riboflavin-Test beschrieben. Im Unterkapitel 5.7.4.1 (gesundheitsschädliches Potenzial) findet sich der Hinweis, dass man unterschiedliche PDE-Werte für unterschiedliche Applikationsrouten haben sollte. Ferner werden Beispiele genannt wann die "alten" Grenzwerte (Dosikriterium und 10 ppm-Kriterium) noch verwenden werden dürfen. Zudem sind - risikobasiert - selbst für Hilfsstoffe in der Arzneimittelfertigung toxikologische Bewertungen zu betrachten. Die verwendeten toxikologischen Gutachten sollten auf Übereinstimmung mit firmeninternen Qualitätsanforderungen geprüft werden. Hierzu wird auch die Qualifikation der Auditoren angemerkt. Eine Frage, die sich hier stellt ist, müssen diese Auditoren toxikologische Kenntnisse haben?

Gut, dass auch Anforderungen an Analytische Methoden (Kapitel 5.7.5) beschrieben sind. In diesem Kapitel ist auch eine visuelle Inspektion als alleinige Prüfmethode für eine Reinigungsvalidierung ausgeschlossen.

Unter dem Kapitel 5.8 (Freigabe von Reinigungsverfahren, Geräten, Produkten) wird auch auf den Umgang mit langwierigen Reinigungsvalidierungsverfahren beschreiben.

Teil II lesen Sie am nächsten Montag.

Sie sind am Thema Reinigungsvalidierung interssiert, insbesondere auch am Inhalt des Aide memoires zur Inspektion der Reinigungsvalidierung und - verifizierung? Am 21./22. September bietet Concept Heidelberg das Online Seminar "Reinigungsvalidierung unter Berücksichtigung des PDE-Konzepts (QV 12)" an.

Zurück zur Newsübersicht

Kontakt

Kontaktieren Sie uns

Haben Sie Fragen?

Concept Heidelberg GmbH
Rischerstraße 8
69123 Heidelberg

Tel. :+49622184440
Fax : +49 6221 84 44 84
E-Mail: info@concept-heidelberg.de

zum Kontaktformular

NEWSLETTER

Bleiben Sie informiert mit dem GMP Newsletter von Concept Heidelberg!

GMP Newsletter

Concept Heidelberg bietet verschieden GMP Newsletter die Sie auf Ihren Bedarf hin zusammenstellen können.

Hier können Sie sich kostenfrei registrieren.