25 Jahre Alternativer Pyrogentest: Wo stehen wir? Ein Rück- und Ausblick

Seit vielen Jahren befasst sich die ECA und ihre Mitglieder mit dem Thema Endotoxin und Pyrogen Testing und organisiert Konferenzen und Seminare und Expertentreffen zu diesen Themen. Schon 2006 gab es zum Thema Alternative Pyrogen Testung eine vielbeachtete Konferenz in Bacharach, auf der die Möglichkeiten des Monocyten Aktivierungstests (MAT) kontrovers diskutiert wurden. Zu diesem Zeitpunkt war die Veröffentlichung von Hartung und Wendel zum Vollblut-Pyrogen Test schon 10 Jahre alt. Auf der Folgekonferenz 2009 in Berlin ergingen sich die verschiedenen Entwickler der drei MAT-Methoden A (Quantitative Test), B (Semi-quantitative Test) und C ("Referenzlot-Vergleichstest") immer noch in Diskussionen, welcher der "beste" der Tests wäre. Von einer Etablierung in der täglichen Praxis war man immer noch weit entfernt, und auch die meisten Behörden und Arzneibücher hatten sich dieses Themas nur begrenzt angenommen. Auf EU-Ebene waren entsprechende Aktivitäten, den MAT im Arzneibuch zu etablieren, 2005 gestartet. Allerdings nicht als ein "Muss", sondern nur als mögliche Alternative zum klassischen Pyrogentest und ohne eigenes Kapitel. Ende 2009 trat dann die EMA Guideline "Replacement of rabbit pyrogen testing by an alternative test for plasma derived medicinal products" in Kraft und 2010 wurde der MAT in das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur. 2.6.30) als Alternative zum Kaninchentest eingeführt. 2014 kam es zu einer Revision des Kapitels 5.1.10. der Ph. Eur. zum Thema Prüfung auf bakterielle Endotoxine und 2017 zu einer Revision des MAT-Kapitels 2.6.30.

Aber erst mit dem erheblich zunehmenden Druck innerhalb der EU, Tierversuche um ein größtmögliches Maß zu verringern und der darauf folgenden Reduktion der Genehmigungen für den Kaninchen-Pyrogentest, kam es zu einem richtigen Schub, sowohl was die Anbieter von MAT Tests angeht als auch was die Zahl der pharmazeutischen Hersteller angeht, die diesen einsetzen.

Wo stehen wir?

Heute ist ein  Artikel von Thomas Hartung von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health zum 25 jährigen Geburtstag des MAT der Anlass, diese Thema wieder aufzugreifen. Er schreibt in seinem Abstract:

"Der vor 25 Jahren erfundene Vollblut-Pyrogentest und seine auf kryokonserviertem Blut basierende Variante ein Jahr später brachten Schwung in den Bereich der Pyrogentestung, der trotz der breiten Anwendung des Limulus-Amöbozyten-Lysat-Tests (LAL), auch bekannt als Bakterieller Endotoxin-Test (BET), weltweit mehrere hunderttausend Kaninchen pro Jahr verbrauchte. Der daraus resultierende internationale Validierungs- und langwierige Akzeptanz- und Implementierungsprozess der jetzt so genannten Monozyten-Aktivierungstests (MATs) wirkt sich schließlich - zumindest in Europa - auf die Tierzahlen aus, die um mehr als 70 % reduziert wurden, Tendenz steigend. Der Autor sieht keinen Grund, weiterhin regulatorische Kaninchentests für Pyrogene durchzuführen, außer der fehlenden Akzeptanz von MATs in einigen Regionen der Welt. Die Verfügbarkeit von MATs hat auch die Diskussion über die Unzulänglichkeiten von LAL/BET eröffnet, nämlich die Beschränkung auf Gram-negative Pyrogene, die Nicht-Reflexion der Potenz dieser beim Menschen, die Beeinflussung und Maskierung durch viele Produkte und die Bedenken bezüglich des Tierschutzes für Pfeilschwanzkrebse. Die offensichtlichen Vorteile von MATs in all diesen Aspekten sollten zu einer Verlagerung von LAL/BET zu MATs führen. Wir beginnen, dies für Impfstoffe und Medizinprodukte zu sehen, aber andere Bereiche wie die Sicherheitsprüfung von Bluttransfusionen, Zelltherapien und Nanomaterialien sowie die Bewertung von luftgetragenen Pyrogenen müssen die von MATs gebotenen Möglichkeiten erst noch ergreifen. Während die verschiedenen MATs diese Bedürfnisse gemeinsam bedienen können, hat der Vollblut-MAT einige Vorteile, wie hier diskutiert"

Wo geht es hin?

Und an dieser Stelle stellt sich die Frage, warum 25 Jahre nötig waren, bis es zu einer zumindest mehrheitlichen Akzeptanz in Europa und einigen weiteren Ländern als Ersatz des, oder zumindest als alternative Methoden für den Kaninchen-Pyrogentest gekommen ist. Sind das nur ökonomische Gründe? Oder die Furcht vor dem Verlassen der gewohnten Wege? Unfruchtbare Diskurse zwischen den Wissenschaftlern? Oder andere Gründe?

Und werden daraus Lehren gezogen? Oder zeichnen sich beim Einsatz von alternativen (Schnell)Methoden, der Etablierung von Real-time oder Online Monitoring Systemen nicht wieder dieselben Probleme ab? Neue Methoden eröffnen oft neue Möglichkeiten und können sensibler, schneller und präziser sein. Aber die Ergebnisse entsprechen deshalb nicht immer den Resultaten (die Ergebnisse werden oftmals in anderen Einheiten angegeben) der etablierten Methoden und den darauf basierenden Limits und Vorgaben in den Leitfäden und Arzneibüchern. Und Revisionen derselben, um diese auf den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu bringen, sind meist langwierig. Also bleibt die Verwendung der Methoden häufig auf einen additiven Einsatz neben den bestehenden Prüfungen begrenzt oder die Implementierung als Alternative ist unverhältnismäßig aufwändig, weil jeder Anwender selbst die Korrelation bzw. Vergleichbarkeit zwischen der Ergebnissen der "alten" und der neuen, alternativen Methode belegen muss.
 
Es bleibt zu hoffen, dass in der Zukunft, mit der Digitalisierung, den Erfahrungen zu beschleunigten Verfahren für Revisionen und mit der, sich hoffentlich ständig verbessernden, Kommunikation zwischen Wissenschaft, Industrie und Behörden in der Zukunft keine 25 Jahre mehr benötigt werden, um eine neue, alternative Methode zu etablieren. Die ECA und deren Pharmaceutical Microbiology Working Group versucht dazu ihren Beitrag zu leisten.

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