Wirkstofffreisetzung / Dissolution Testing in der pharmazeutischen Analytik (Teil 1)
Die Prüfung der Wirkstofffreisetzung von Arzneimitteln wird routinemäßig bei der Analytik fester und halbfester Darreichungsformen sowohl in der Arzneimittelentwicklung als auch in der Qualitätskontrolle eingesetzt. Das Europäische Arzneibuch beschreibt die Wirkstofffreisetzung im allgemeinen Teil im Abschnitt 2.9 Methoden der pharmazeutischen Technologie.
Zweck der Prüfung
Die Prüfung dient dazu, die Freisetzung eines Wirkstoffes aus seiner Formulierung unter standardisierten Bedingungen zu messen. Dissolution Tests werden durchgeführt, um die gleichbleibende Qualität der Chargen sicherzustellen, eine Prozesskontrolle zu gewährleisten und um in bestimmten Fällen in-vivo-Studien zu ersetzen.
Die Wirkstofffreisetzung aus der Arzneiform ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wirkstoffresorption und damit die Bioverfügbarkeit. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten ist, dass ohne eine geeignete in-vitro-/in-vivo-Korrelation die Bestimmung der Arzneistofffreisetzung alleine oft keine direkten Rückschlüsse auf die Bioverfügbarkeit des Arzneistoffes zulässt.
Kapitel 2.9.3 Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen
In Kapitel 2.9.3 des Europäischen Arzneibuchs werden verschiedene Methoden und Apparaturen zur Prüfung der Freisetzungsgeschwindigkeit von Wirkstoffen aus festen Arzneiformen (Tabletten, Kapseln) aufgeführt.
Es werden folgende Apparaturen beschrieben:
- Apparatur 1 (Drehkörbchen-Apparatur)
- Apparatur 2 (Blattrührer-Apparatur)
- Apparatur 3 (eintauchender Zylinder)
- Apparatur 4 (Durchflusszelle)
Die Abmessungen und Toleranzangaben der aufgeführten Apparaturen sind jeweils genau spezifiziert. Sie müssen bei der Eignungsprüfung der Apparatur eingehalten werden. Als kritische Prüfparameter, die während des Betriebs der Apparatur periodisch überwacht werden müssen, nennt das Arzneibuch das Volumen und die Temperatur der Prüfflüssigkeit, die Drehzahl (Apparatur 1 und 2), die Eintauchrate (Apparatur 3) und die Durchflussrate der Prüfflüssigkeit (Apparatur 4).
In den Unterkapiteln "Ausführung" und "Auswertung" wird die Verwendung der Apparaturen für
- Darreichungsformen mit unveränderter Wirkstofffreisetzung,
- Darreichungsformen mit verlängerter Wirkstofffreisetzung,
- Darreichungsformen mit verzögerter Wirkstofffreisetzung
erläutert.
Kapitel 2.9.4 Wirkstofffreisetzung aus Transdermalen Pflastern
In Kapitel 2.9.4 wird die Bestimmung der Freisetzungsgeschwindigkeit von Wirkstoffen aus transdermalen Pflastern beschrieben. Die Untersuchung wird üblicherweise mit Hilfe der Blattrührer-Apparatur durchgeführt. Die Monographie schreibt hierfür drei Varianten vor:
- Freisetzungsscheibe
- Extraktionszelle
- Rotierender Zylinder
Kapitel 2.9.25 Wirkstofffreisetzung aus wirkstoffhaltigen Kaugummis
Diese Monographie beschreibt die Bestimmung der Freisetzungsgeschwindigkeit von Wirkstoffen in wirkstoffhaltigen Kaugummis. Wirkstoffhaltige Kaugummis sind feste Einzeldosiszubereitungen, die zum Kauen, jedoch nicht zum Schlucken bestimmt sind. Sie enthalten gemäß der Arzneibuchmonographie "Wirkstoffhaltige Kaugummis" einen oder mehrere Wirkstoffe, die beim Kauen freigesetzt werden. Die Hauptvoraussetzung für die Wirkstofffreisetzung ist also das Kauen der Masse. Gemäß Kapitel 2.9.25 wird dieser Vorgang simuliert, in dem ein Kaugummistück, das sich in einer kleinen Kammer befindet, mechanisch geknetet wird.
Es werden zwei Apparaturen beschrieben: Bei Apparatur A wird der Kaugummi durch zwei waagerecht angeordnete Kolben einer künstlichen Kaubewegung unterworfen. Ein dritter, senkrecht dazu angeordneter Kolben dient dazu, dass der Kaugummi zwischen den Kaubewegungen an die richtige Stelle platziert wird. Bei Apparatur B wird der Kaugummi durch eine obere und eine untere Kaufläche künstlich gekaut.
Bei der Durchführung der Prüfung wird eine Prüfflüssigkeit, im allgemeinen Phosphat-Pufferlösung, in die Kaukammer eingebracht und eine Temperatur von 37 ± 0,5 °C eingestellt. Nach einer bestimmten Zeit wird die Apparatur gestoppt, der Kaugummirest herausgenommen und eine Probe der Prüfflüssigkeit entnommen. Der Gehalt an Wirkstoff oder an Wirkstoffen soll dann mit Hilfe einer geeigneten Methode bestimmt werden.
Kapitel 5.17.1 Empfehlungen zur Bestimmung der Wirkstofffreisetzung
Kapitel 5.17.1, das nicht verbindlich ist, enthält weitergehende Informationen zu folgenden Themen:
- Prüfbedingungen
- Empfohlene Prüfflüssigkeiten
- Qualifizierung und Validierung
- Spezifikationen für die Wirkstofffreisetzung aus Darreichungsformen zum Einnehmen