Welches ist die optimale Temperatur zur Sanitisierung von Wasseranlagen?
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15.-17. Oktober 2024
Mannheim
Planen - Bauen - Betreiben
Die Heiß-Sanitisierung ist nach wie vor die gängigste Methode, Pharma-Wasseranlagen mikrobiologisch unter Kontrolle zu halten. Für die Erzeugungs-Anlagen - mit Ionentauschern, Osmose, Elektrodeionisation und Ultrafiltration ist es sogar die beste Methode. Viele WFI Lager-Systeme werden kontinuierlich heiß betrieben. PW-Systeme werden i.d.R. nur zyklisch auf eine erhöhte, keimabtötende Temperatur aufgeheizt. Hier stellt sich jeweils die Frage nach der optimalen Temperatur. Eine zu hohe Temperatur kann Materialschäden verursachen, wohingegen zu niedrige Temperaturen möglicherweise nicht ausreichend keimabtötend sind.
In pharmazeutischen Betrieben ist oftmals aus ‚historischen Gründen' eine Sanitisierungstemperatur von 80 °C vorgeschrieben. Dies entspricht der Angabe einer früheren Ausgabe der USP (US-amerikanisches Arzneibuch). "Temperatures of at least 80° are most commonly used".
Diese Temperatur kann aber möglicherweise die Haltbarkeit von Materialien wie Dichtungen oder Membranen (wie in der Umkehrosmose) negativ beeinflussen. Außerdem ist bei hohen Temperaturen in Wasser-Anlagen aus Edelstahl mit Rouging zu rechnen. Dabei gilt: Je heißer, desto mehr Rouging. Eine Überlagerung des Tanks mit Stickstoff verstärkt die Ausbildung von Rouging auf SS316L-Oberflächen noch.
Wenn eine Temperatur von 80 °C also auch schädlich sein kann, stellt sich die Frage, ob diese Temperatur überhaupt sinnvoll oder in einem verbindlichen GMP-Regelwerk vorgeschrieben ist.
Neuere Aussage im amerikanischen Arzneibuch
Eine neuere Aussage dazu findet sich im USP-Kapitel <1231>. Neben der Temperatur und der Art des Keims ist die Einwirkzeit wesentlich für die Keimabtötung. Die Abtötungsrate ist eine Funktion der Temperatur, die mittels D-Wert angegeben wird. So beträgt der D-Wert für die meisten Mikroorganismen bei 80 °C fünf Millisekunden. D.h. in 5 Millisekunden ist die initiale Keimbelastung auf ein Zehntel reduziert. Desweiteren soll die Sanitisierungstemperatur von 80 °C sicherstellen, dass in allen Stellen eines Systems, die zur Keimabtötung notwendige Temperatur ausreichend lange erreicht wird. Die USP sieht aber schon Temperaturen ab 65 °C als ausreichend für die Sanitisierung an. Es muss dabei natürlich gewährleistet sein, dass die 65 °C auch in den sogenannten ‚cold spots' eines Systems erreicht werden. In einer Ringleitung kann, muss aber nicht, der Rücklauf in den Tank die kälteste Stelle im System sein. Die Einhaltung der 3D-Regel beim Design der Anlage trägt ebenfalls dazu bei, mit Temperaturen < 80°C sicher sanitisieren zu können.
Die USP sagt aktuell "Temperatures of 65°-80° are most commonly used for thermal sanitization". In den FAQs zum Thema Pharmawasser spricht die USP von 60 °C, die an den Oberflächen am Cold Spot erreicht werden müssen: "…to assure that all surfaces reach sanitizing temperatures greater than 60 °C." Eine sinnvolle Reduktion der Sanitisierungstemperatur kann also die Lebensdauer besonders von Kunststoff-Komponenten verlängern, Rouging vermindern und Betriebskosten reduzieren. Dies gilt vor allem, wenn man bedenkt, dass es Betriebe gibt, die ihr WFI bei 85°C lagern, um aufgrund der Messungenauigkeit des Temperatur-Sensors einen Sicherheitsabstand zu den intern geforderten 80 °C am ‚Cold Spot' zu haben.
Und was ist nun die optimale Sanitisierungstemperatur? Für die meisten Erzeugungs-Anlagen und Lager- und Verteilsysteme liegt das Optimum zwischen 60 und 80°C. Eine Temperatur von 65 °C hat sich bewährt, mit einem Sicherheitszuschlag können es auch 70 °C sein - ein geeignetes Anlagendesign vorausgesetzt.