Was sind Aufgaben und Funktionen der Qualitätssicherung in der pharmazeutischen Industrie?

Seminarempfehlung
Dienstag, 16. Dezember 2025 10:00 - 12:00 Uhr
Computergestützte Systeme, (e-)Daten und Sonstiges
Es ist wichtig festzustellen, dass eine Abteilung Qualitätssicherung/Quality Assurance in der pharmazeutischen Industrie (Herstellung von Arzneimitteln) gesetzlich nicht explizit gefordert ist. Dennoch hat sich quasi in allen Herstellbetrieben solch eine Abteilung etabliert. Der Leitung einer solchen Abteilung werden in den GMP-Vorgaben keine direkten Verantwortlichkeiten oder klare Aufgaben zugewiesen, anders als bei anderen Funktionen wie Leitung der Herstellung, Leitung der Qualitätskontrolle oder der sachkundigen Person. In den einschlägigen Vorschriften zur Herstellung von Arzneimitteln gibt es nur einen Hinweis auf solch eine Funktion, und zwar im EU-GMP Leitfaden Teil 1, Kapitel 2.9: "The heads of Production, Quality Control and where relevant, Head of Quality Assurance or Head of Quality Unit, generally have some shared, or jointly exercised, responsibilities relating to quality including in particular the design, effective implementation, monitoring and maintenance of the quality management system."
Anders ist dies bei der Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe. Im EU-GMP Leitfaden Teil 2, Kapitel 2.13 steht "There should be a quality unit(s) that is independent of production and that fulfils both quality assurance (QA) and quality control (QC) responsibilities. This can be in the form of separate QA and QC units or a single individual or group".
Im Prinzip gibt dies ganz gut wieder, was sich auch in der Arzneimittelherstellung etabliert hat. Diese Abteilungen kümmern sich um Erstellung, Erhalt und Pflege eines pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems.
Die Richtlinie 2003/94/EG (genauer Commission Directive 2003/94/EC of 8 October 2003, repealed by Commission Directive 2017/1572/EU of 15 September 2017 supplementing Directive 2001/83/EC of the European Parliament and of the Council as regards the principles and guidelines of good manufacturing practice for medicinal products for human use) verpflichtet Hersteller zur Einrichtung und Umsetzung eines solchen pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems, welches näher beschrieben wird im EU-GMP Leitfaden Teil 1, Kapitel 1. Hiernach muss der Inhaber einer Herstellungserlaubnis Arzneimittel so herstellen, dass sie für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet, den Anforderungen der Zulassung (oder der Genehmigung für klinische Prüfungen) entsprechen und Patienten nicht aufgrund unzureichender Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit gefährden. Die Erreichung dieses Qualitätsziels liegt in der Verantwortung der Geschäftsleitung und erfordert die Mitwirkung und das Engagement der Mitarbeiter in vielen verschiedenen Abteilungen und auf allen Ebenen des Unternehmens, der Lieferanten und der Vertriebspartner des Unternehmens. Um dieses Qualitätsziel zuverlässig zu erreichen, muss ein umfassend konzipiertes und korrekt umgesetztes pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem vorhanden sein, das die gute Herstellungspraxis (GMP) und ein Qualitätsrisikomanagement umfasst. Es sollte vollständig dokumentiert und seine Wirksamkeit überwacht werden.
Die FDA unterscheidet in ihrer Guidance for Industry - Quality Systems Approach to Pharmaceutical CGMP Regulations genauer zwischen QC- und QA-Funktionen: "Current industry practice generally divides the responsibilities of the quality control unit (QCU), as defined in the CGMP regulations, between quality control (QC) and quality assurance (QA) functions.
- QC usually involves (1) assessing the suitability of incoming components, containers, closures, labeling, in-process materials, and the finished products; (2) evaluating the performance of the manufacturing process to ensure adherence to proper specifications and limits; and (3) determining the acceptability of each batch for release.
- QA primarily involves (1) review and approval of all procedures related to production and maintenance, (2) review of associated records, and (3) auditing and performing/evaluating trend analyses."
Um dies zu reflektieren, ist in der Leitlinie von der Quality Unit (QU) die Rede.
Weiter heißt es hier, letztendlich übereinstimmend mit dem Grundgedanken in der EU und Deutschland, dass die QU die Befugnis hat, ein Qualitätssystem zu erstellen, zu überwachen und umzusetzen. Diese Aktivitäten ersetzen oder schließen die tägliche Verantwortung des Herstellungspersonals für die Qualitätssicherung des Produkts nicht aus. Die QU sollte nicht die Aufgaben anderer Abteilungen eines Herstellers übernehmen. Sowohl das Herstellungspersonal als auch die QU sind für die Erfüllung der Verantwortung des Herstellers, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen, von entscheidender Bedeutung.
Die Leitlinie ICH Q10 (Pharmaceutical Quality System), die auch Teil der EU-GMP Leitlinien ist (Teil 3), beschreibt ein umfassendes Modell für ein wirksames pharmazeutisches Qualitätssystem, das auch auf den Qualitätskonzepten der Internationalen Organisation für Normung (ISO) basiert, geltende Vorschriften der Guten Herstellungspraxis (GMP) umfasst und die Leitlinien ICH Q8 "Pharmazeutische Entwicklung" und ICH Q9 "Qualitätsrisikomanagement" ergänzt. ICH Q10 ist ein Modell für ein pharmazeutisches Qualitätssystem, das in den verschiedenen Phasen des Produktlebenszyklus in die Praxis umgesetzt werden kann.
Wichtige Elemente eines pharmazeutischen Qualitätssystem nach ICH Q10 sind:
- Process performance and product quality monitoring system
- Corrective action and preventive action (CAPA) system
- Change management system
- Management review of process performance and product quality
EU-GMP Leitlinien Teil 1, Kapitel 1 ergänzt hier u.a. noch:
- Self-inspection
- Product Quality Review
- Quality Risk Management
Es ist dabei essenziell, dass:
- Alle Herstellungsprozesse klar definiert sind und überprüft werden,
- Kritische Schritte der Herstellungsprozesse und wesentliche Änderungen am Prozess validiert sind,
- Alle für GMP erforderlichen Einrichtungen vorhanden sind,
- Anweisungen und Verfahren in Form von Anleitungen in klarer und eindeutiger Sprache verfasst sind,
- Die Verfahren korrekt durchgeführt werden, und die Bediener dafür geschult sind,
- Alle wesentlichen Abweichungen vollständig aufgezeichnet werden, die Ursache ermittelt wird und geeignete Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen (CAPA) umgesetzt werden,
- Aufzeichnungen über die Herstellung einschließlich des Vertriebs eine lückenlose Rückverfolgung einer Charge ermöglichen,
- Ein System zur Verfügung steht, um jede Produktcharge zurückzurufen,
- Beschwerden über Produkte geprüft werden, die Ursachen untersucht und geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Die in der Liste oben beschriebenen Elemente werden von der Qualitätssicherung zumindest unterstützt oder auch umfassend erstellt, überwacht und umgesetzt.
GMP-Seminare zu allgemeinen QA Themen und GMP Compliance finden Sie hier: GMP-Seminare Allgemeine QA Themen & GMP Compliance



