Was ist im Kapitel Reinigungsvalidierung bei der geplanten Änderungen des Annex 15 wirklich neu?
Die News zur Detailanalyse des Revisionsentwurf Annex 15 hat die im Entwurf enthaltenen Änderungen ausführlich analysiert. Deutliche Änderungen gab es auch im Kapitel 9 (Reinigungsvalidierung). Dort hat sich die Zahl der Unterpunkte verdoppelt.
Was ist aber wirklich neu, was (nur) eine Anpassung an den Stand der Technik? Nachfolgend eine Einschätzung dieser beide Fragen:
Ein "Grouping von Anlagen" ist schon seit Jahren Standard. Und dass die Auswahl auf einer Rationalen beruhen sollte, ebenfalls. Neu ist der explizite Ausschluss des Akzeptanzkriterium "sichtbar sauber" als alleiniges Akzeptanzkriterium. Zum Thema "sichtbar sauber" gab es in der Vergangenheit einige Publikationen, die die Empfindlichkeit der Methode belegten und durchaus auch zeigen konnten, dass dieses Kriterium empfindlicher ist als die anderen, bisher üblicherweise genannten Akzeptanzkriterien (1/1000 Dosis und 10 ppm). Neu ist die Forderung nach einer ggf. "ongoing verification" nach jeder Charge, bei längeren Validierungsstudien. Sinnvoll und bisher schon üblich ist die Einbeziehung des Automatisierungsgrads der Reinigung innerhalb der Validierung. Industriestandard ist jetzt schon, vor jeder Reinigungsvalidierung eine Risikoanalyse durchzuführen - und nicht nur bei der Validierung manueller Reinigungsprozesse, wie nun gefordert. Der nun geforderte worst-case-Ansatz bei manuellen Reinigungen ergibt sich "automatisch" aus dieser Risikoanalyse.
"Neu" ist, dass die Limits für die die Übertragbarkeit von Verunreinigungen auf Basis einer toxikologischen Bewertung erfolgen sollte. Warum die Anführungszeichen bei "neu"? Das Konzept zielt auf eine EMA-Leitlinie ab, die das PDE-Konzept erläutert. Wobei zu diesem Konzept in der Industrie große Unsicherheit herrscht. Ein Aufsumieren von Teilanlagen hinsichtlich der Ergebnisse sind schon praktizierter Stand der Technik.
Jetzt schon praktizierter Industriestandard ist die geforderte Betrachtung von Reinigungsagenzien und von "dirty und clean-hold times" im Rahmen der Reinigungsvalidierung. Auch die Betrachtung der Reinigbarkeit bei Kampagnenfertigung und die Kampagnenlänge wird üblicherweise schon in der Industrie so umgesetzt.
Außerdem ist der Einsatz von worst-case-Produkten in der Reinigungsvalidierung auf Basis einer Rationalen sowie die erneute Betrachtung bei Einführung neuer Produkte prinzipiell schon jetzt Stand der Technik. Das gilt ebenfalls für die Betrachtung der Möglichkeit einer mikrobiologischen oder ggf. Endotoxin-Kontamination. Neu ist die Betrachtung von PDE-Werte bei der Auswahl von worst-case-Produkten Die nun geforderte Auswahl und Orte der Probenahme-Stellen auf Basis einer Rationalen ist ebenfalls schon lange Industrie-Standard. Üblicherweise wird hierfür bisher schon eine Risikoanalyse durchgeführt.
"Neu" sind Probenahmetechniken (Swab- und Rinse-Techniken), abhängig vom Probenahmeort, aufgeführt. Und das Swab-Material sollte das Ergebnis der Reinigungsvalidierung nicht beeinflussen. Diese beiden Techniken sind schon seit Jahren Standard, sowohl im Pharma- als auch im Wirkstoffbereich. Interessanterweise sollte beim Einsatz von Spülmethoden das letzte Spülwasser der Reinigung als Probe dienen. Hier gibt es manchmal ein abweichendes Vorgehen in der Industrie, und der "post-final-rinse" (oder auch "solvent rinse" genannt) wird analysiert, natürlich mit vorher bestimmter Wiederfindungsraten, wie nun gefordert. Die Nutzung des "post-final-rinses" wird mit dem Argument begründet, dass der Final Rinse noch Teil des Reinigungsprozesses ist. Wobei die jetzige Forderung nach Analyse des Final Rinse im Vergleich zum "post-final rinse" ein worst case-Szenario darstellt, da im Final Rinse höhere Werte als im "post-final-rinse" zu erwarten sind. Wiederfindungsraten werden üblicherweise natürlich auch schon heute beim "Swaben". bestimmt. Wobei hierfür im Entwurf keine Wiederfindungsraten explizit gefordert sind.
Wirklich neu ist der Entfall der Nennung von 3 Validierungsläufen. Die Anzahl der Validierungsläufe sollte nun risikobasiert bestimmt werden. Hier greift der Entwurf ein Konzept des Technical Reports 29 der PDA auf. Jetzt schon praktizierter Standard ist hingegen die Durchführung einer Reinigungsverifizierung bei der Fertigung von klinischen Prüfmustern und bei selten hergestellten Produkten. Die Grundüberlegungen bei einer Reinigungsverifizierung basieren selbstverständlich schon jetzt auf den allgemeinen Prinzipien der Reinigungsvalidierung. Selbstverständlich werden ebenfalls schon heute dedizierte Gerätschaften produktbezogen eingesetzt, wenn die Reinigung schwierig ist.