Warning Letter aufgrund von Partikeln in Infusionsbeuteln

Bei der Inspektion am indischen Produktionsstandort eines amerikanischen Sterilherstellers fand die FDA zahlreiche GMP-Mängel vor. Schwerwiegend waren die Probleme mit partikulärer Verunreinigung in sterilen Infusionsbeuteln.

Die FDA beanstandete Verstöße gegen 21 CFR 211.192, da das Unternehmen es versäumte, ungeklärte Abweichungen und Spezifikationsverletzungen von Chargen oder Komponenten gründlich zu untersuchen, unabhängig davon, ob die betroffene Charge bereits freigegeben und am Markt war.

Sichtbare Partikelkontamination

Im Mittelpunkt standen wiederkehrende Probleme mit sichtbarer Partikelkontamination. Im Jahr 2024 leitete die Firma eine Untersuchung ein, nachdem zwei Chargen von Ropivacain-Hydrochlorid in Polypropylen-Infusionsbeuteln die Akzeptanzkriterien der visuellen Inspektion überschritten hatten. Als Ursache wurde das Verpackungsmaterial identifiziert: die Polypropylen-Beutel, in denen überwiegend weiße Fasern nachgewiesen wurden. Obwohl zusätzliche visuelle Prüfungen und eine Risikobewertung durchgeführt wurden, hatte der Hersteller die Chargen letztlich freigegeben. Die FDA kritisiert, dass die Risikobewertung unzureichend war, da sie die Schwere der Partikelkontamination in einem sterilen Injektionsprodukt zur epiduralen Anwendung deutlich unterschätzte. Insbesondere wurden der Applikationsweg und die spezifische Patientenpopulation nicht ausreichend berücksichtigt.

Die FDA weist darauf hin, dass sichtbare Partikel in epidural applizierten Injektabilia erhebliche Risiken bergen: Sie können zu epiduralen Entzündungen, Abszessen oder Meningitis führen und je nach Injektionsort sogar Rückenmarksinfarkte oder dauerhafte Nervenschäden verursachen. Dem Unternehmen war die Problematik bereits bekannt, da Ende 2022 und Anfang 2023 mehrere Chargen aufgrund von Partikelfunden verworfen worden waren. Auch damals wurden die Polypropylen-Beutel als Quelle der weißen Fasern identifiziert, zudem war festgestellt worden, dass diese Partikel mit visuellen Prüfungen nur schwer zu erkennen sind. Trotz dieser Erkenntnisse setzte das Unternehmen die Beutel weiterhin ein und führte keine angemessenen CAPA-Maßnahmen durch, um eine Wiederholung zu verhindern.
Zusätzlich lockerte die Firma die Akzeptanzkriterien für major defects und die Gesamt-Ablehnungsrate in laut FDA inakzeptabler Weise. Begründet wurde dies mit den hohen Partikelraten in den Beutelchargen eines unzuverlässigen Lieferanten. Aus Sicht der FDA ist es jedoch unzulässig, Spezifikationen so weit anzuheben, um die Verwendung ungeeigneter Verpackungskomponenten zu ermöglichen.
Erst nachdem die FDA die Mängel während der laufenden Inspektion festgestellt hatte, leitete die Firma entsprechende Maßnahmen ein. Am 26. März 2025 wurde ein Field Alert Report für zwei Chargen Ropivacain Hydrochlorid Injection eingereicht, und am 18. April 2025 erfolgte ein Rückruf dieser beiden Chargen, über den die FDA auf ihrer Website informierte. Parallel kündigte das Unternehmen an, die Defektgrenzen bei der visuellen Inspektion wieder anzupassen. Die FDA bewertete die vorgesehenen neuen Grenzwerte jedoch weiterhin als unzureichend. Auch die Bewertung hinsichtlich des Patientenrisikos wurde kritisiert, da die Schwere der Risiken bei epiduralen Injektabilia weiterhin verharmlost wurde.

Die FDA forderte, neben der Beibehaltung einer 100%-visuellen Endkontrolle, ergänzende visuelle Inspektionsmethoden für Partikel einzusetzen. Ein finales Inspektionsprogramm muss zuverlässig nicht nur Partikel, sondern auch andere kritische Defekte erkennen, darunter Behälter- oder Verschlussfehler, Risse, Abweichungen im Volumen, Crimping-Probleme, Verfärbungen, Blasen oder sonstige Erscheinungsfehler. Grundsätzlich gilt, dass sichtbare Partikel in Injektabilia durch geeignete präventive Maßnahmen im Prozessdesign und durch strikte Produktionskontrollen vermieden werden müssen.

Erwartungen der FDA

Der Hersteller muss nun umfassend darlegen, wie er die Systeme für Abweichungs- und Fehleruntersuchungen verbessern will. Dazu gehören Root Cause Analysen, CAPA-Wirksamkeit und Quality Oversight. Gefordert ist auch eine unabhängige Überprüfung des Materialmanagements einschließlich aller Lieferanten von Komponenten, Behältern und Verschlüssen, die Beurteilung der Materialqualität und Retest-Daten sowie die Bewertung des gesamten Lieferantenqualifizierungsprogramms. Auf dieser Basis ist ein systemisches CAPA-Programm zu entwickeln, das den Einsatz ungeeigneter Materialien künftig ausschließt.

Zudem erwartet die FDA, dass sich der Hersteller verpflichtet, eine externe Überprüfung der Defektkategorisierung im visuellen Inspektionsprogramm durchführen zu lassen, sowie eine umfassende Bewertung der Rolle der Qualitätseinheit (Quality Unit). Dabei ist sicherzustellen, dass diese mit ausreichender Autorität und Ressourcen ausgestattet ist und sämtliche Chargen vor der Freigabe vollständig prüft und alle Untersuchungen überwacht. Das Unternehmen muss außerdem darlegen, wie das Top-Management die Qualitätssicherung aktiv unterstützt, insbesondere durch rechtzeitige Ressourcenbereitstellung.

Schließlich fordert die FDA die Einführung von Interimsmaßnahmen, damit alle für den US-Markt bestimmten Chargen im Wesentlichen frei von sichtbaren Partikeln sind. Darüber hinaus sind die Verfahren zur Risikobewertung zu überarbeiten, um den potenziellen Patienteneinfluss vollständig abzudecken, einschließlich Applikationsweg, Patientenpopulation und Partikeleigenschaften. Alle betroffenen Mitarbeiter sollen in den überarbeiteten Verfahren und Vorgaben geschult werden.

Weiterer schwerwiegender Mangel

Einen weiteren schwerwiegenden Mangel fand die FDA bei der Prüfung auf Endotoxine und deren Dokumentation. Dazu gehörten fehlerhafte Pipettiertechnik, unzureichende Auswertung der Gelbildung sowie unvollständige bzw. nachträgliche Dokumentation. Trotz einzelner Korrekturen wie SOP-Anpassungen, Schulungen, Retests und Anschaffung neuer Geräte blieb die Antwort der Firma unzureichend, da keine umfassende Systembewertung der Labortätigkeiten erfolgte.

Den ausführlichen Warning Letter finden Sie auf der Seite der FDA.

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