Von Valsartan bis Ranitidin: Nitrosamin-Verunreinigungen und Maßnahmen der EMA und des EDQM

Im Juni 2018 wurde erstmals das krebserregende N-Nitrosodimethylamin (NDMA) als Verunreinigung in Sartan-haltigen Arzneimitteln (zur Behandlung von Bluthochdruck) entdeckt. Der Wirkstoff stammte aus der Produktionsstätte des chinesischen Herstellers Zhejiang Huahai und trat dort nach Änderung des Syntheseverfahrens als Verunreinigung im Endprodukt auf (siehe auch "Valsartan: woher kommt die Verunreinigung?"). Seither reißen die Meldungen über neue Fälle nicht ab. In mehreren Präparaten wurden NMDA sowie auch N-Nitrosodiethylamin (NDEA) gefunden, zuletzt auch in Pioglitazon (zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2) und Ranitidin (zur Kontrolle der Magensäureproduktion bei Sodbrennen).

Reaktionen und Maßnahmen der EMA

Kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls initiierte die European Medicines Agency (EMA) eine Überprüfung von Sartan-haltigen Arzneimitteln mit dem Resultat, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle keine oder nur sehr geringe Konzentrationen an Nitroso-Verunreinigungen nachweisbar waren. Im Anschluss an diese Überprüfung erging eine Empfehlung der EMA an alle Unternehmen, die Sartane enthaltende Arzneimittel herstellen, ihre Herstellungsverfahren zu überprüfen. In der Pressemitteilung mit dem Titel "Sartane enthaltende Arzneimittel: Unternehmen müssen die Herstellungsverfahren überprüfen, um das Vorhandensein von Nitrosamin-Verunreinigungen zu verhindern" EMA/248364/2019 vom 17. April 2019 wird auch die Einschätzung des höchstmöglichen Krebsrisikos - abgeleitet aus Tierstudien - aufgrund dieser Verunreinigungen beschrieben: Von 100.000 Patienten, die 6 Jahre lang mit einer Höchstdosis des Valsartans von Huahai (in diesem Präparat wurden die höchste Konzentrationen an Nitroso-Verunreinigungen gemessen) behandelt würden, wäre bezogen auf NDMA mit einer Rate von 22 zusätzlichen Krebsfällen zu rechnen. Bezogen auf NDEA wären es bei einer Behandlungszeit von vier Jahren acht Krebsfälle. Die sechs bzw. vier Jahre liegen der Annahme zugrunde, dass in diesen Zeitspannen NDMA bzw. NDEA in Valsartan von Zhejiang Huahai enthalten war.

Die EMA räumte den Unternehmen, an die die Empfehlung zur Überprüfung ihrer Herstellungsverfahren erging, eine zweijährige Übergangsfrist ein, innerhalb der sie evt. notwendige Änderungen vornehmen und geeignete Prüfverfahren zur Detektion geringster Konzentrationen dieser Verunreinigungen einführen müssen. Außerdem definierte die EMA Übergangsgrenzwerte für Verunreinigungen durch NDMA und NDEA für fünf verschiedene Sartan-Präparate. Nach Ablauf der Übergangsfrist im April 2021 gelten für Konzentrationen von NDEA oder NDMA die strikten Grenzwerte von < 0,03 ppm.

In einem weiteren Dokument mit dem Titel "Update on nitrosamine impurities: EMA continues to work to prevent impurities in medicines" EMA/241020/2019 vom 26. April 2019 wiederholt die EMA ihre Aufforderung zur Überprüfung der Herstellverfahren - diesmal an die Hersteller von Pioglitazon-Präparaten. Zuvor waren Spuren von NDMA in einigen Pioglitazon-Chargen des indischen Herstellers Hetero Labs entdeckt worden, die allerdings unterhalb der im zuvor genannten Dokument beschriebenen Übergangsgrenzwerte für Sartane liegen.

5 Monate später, am 20. September 2019 erschien dann eine Meldung der EMA mit dem Titel "EMA to review ranitidine medicines following detection of NDMA". Anlass war der Befund, wonach Ranitidin-Präparate signifikante Konzentrationen an NDMA enthalten. Die EMA kündigt in dieser Mitteilung eine Überprüfung von Ranitidin-Arzneimitteln an, ähnlich der, die bereits für Sartan-Präparate durchgeführt wurde, sowie eine entsprechende Risikoabschätzung für Patienten, die mit diesem Arzneimittel behandelt werden. Ferner betont die EMA, dass sie mit den nationalen Behörden sowie dem EDQM kooperiert mit dem Ziel, wirksame Maßnahmen gegen das Auftreten von Nitroso-Verunreinigungen zu treffen.

In einer weiteren Pressemitteilung vom 13. September 2019 teilt die EMA schließlich mit, dass der Executive Director dem Human Medicines Committee (CHMP) den Auftrag zur Erstellung einer Guidance zur Vermeidung von Nitrosamin-Verunreinigungen in chemisch synthetisierten Wirkstoffen erteilt hat.

Eine umfangreiche Liste an Dokumenten der EMA zu Maßnahmen in Bezug auf Nitrosamin-Verunreinigungen in Sartan-Präparaten erhält man auf der EMA-Webseite unter den Rubriken "News and Events - What's new", wenn man nach "sartan medicines" (Eingabe in das Suchfeld) sucht und bei "Categories" "Human" sowie bei "Type of content" "Documents" anklickt.

Reaktionen und Maßnahmen des EDQM

Schon bald nach Bekanntwerden der Nitrosamin-Verunreinigungen in Sartan-Arzneimitteln reagierte das European Directorate for the Quality of Medicines and HealthCare (EDQM) am 27. Juli 2019 mit einer Pressemitteilung zu einem aus fünf Aktionen bestehendem Maßnahmenpaket (u.a. die Aberkennung des CEP für den von Zhejiang Huahai hergestellten Wirkstoff). Zwischenzeitlich folgten weitere Mitteilungen mit Informationen über die kontinuierliche Weiterverfolgung dieser Problematik unter der Federführung des EDQM:

Schließlich folgte am 16. September 2019 die Mitteilung über die Nitrosamin-Verunreinigungen in Ranitidin und die Ankündigung des EDQM, hier eng mit der EMA zusammenzuarbeiten.

Diese aufeinander abgestimmten Maßnahmen der Behörden, zu denen auch Inspektionen der betreffenden Wirkstoff-Standorte durch europäische GMP-Inspektoren gehören (siehe "Valsartan: Neue Inspektion deckt signifikante GMP-Verstöße auf"), leisten einen Beitrag dazu, dass Arzneimittel mit Nitrosamin-Verunreinigungen nicht mehr auf den Markt gelangen. Es bleibt zu hoffen, dass die jüngsten Vorfälle die letzten dieser Art waren.

Vetreter der EMA und des EDQM werden auch bei der 22. APIC/CEFIC Conference vom 23.-25. Oktober in Prag dabei sein und auf das Thema Nitrosamin-Verunreinigung eingehen. Dort erhalten Sie auch Informationen aus erster Hand über bereits geplante oder umgesetzte Maßnahmen zur Vermeidung dieser Verunreinigungen.

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