Unerwartete Abweichungen: was ist die Rolle der QP?
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat ihren „Fragen und Antworten“-Bereich mit einer Anpassung aktualisiert, die die Rolle der sachkundigen Person („Qualified Person“ = QP) bei der Handhabung unerwarteter Abweichungen weiter konkretisieren soll.
Anhang16 des EU GMP Leitfadens besagt in Abschnitt 3: „Wenn die zugelassenen Spezifikationen (…) eingehalten werden, kann eine sachkundige Person in Betracht ziehen, für eine Charge die Einhaltung der Anforderungen zu bestätigen oder eine Charge zu zertifizieren, bei der eine unerwartete Abweichung bezüglich des Herstellungsverfahrens bzw. der analytischen Kontrollmethoden von den in der Genehmigung für das Inverkehrbringen bzw. in der Guten Herstellungspraxis enthaltenen Details aufgetreten ist.“ Aber was genau sind zugelassene Spezifikationen? Und kann man von In-Prozess-Kontrollen abweichen?
Die Antwort darauf findet sich in einer der Q&As: „Registered specifications for medicinal products include in-process, bulk and finished product specifications which have been included in the MA application.” (Üb. d. Red.: Zu den zugelassenen Spezifikationen für Arzneimittel gehören In-Prozess-, Bulk- und Endproduktspezifikationen, die Teil des Zulassungsantrags waren.)
Dennoch kann die Kritikalität zugelassener In-Prozess-Spezifikationen variieren, je nach geprüftem Qualitätsattribut, dem Einfluss auf nachfolgende Herstellungsprozesse und der Möglichkeit, das Qualitätsattribut des Endproduktes zu prüfen. (Üb. d. Red.; Original: „may vary depending on the quality attribute tested, the impact to subsequent manufacturing processes and ability to test the quality attribute in the finished product.”) Abhängig von der Risikobeurteilung besteht also die Möglichkeit, Abweichungen von In-Prozess-Spezifikationen zu akzeptieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Risikobewertung belegt, dass dies keinen Einfluss auf den Herstellungsprozess oder die Produktqualität hat.
Die EMA betont, dass die Nichteinhaltung zugelassener Produktspezifikationen außerhalb des Umfangs des Anhang 16, Abschnitt 3 liegt. Das bedeutet, dass eine sachkundige Person die betroffene Charge nicht freigeben kann.
Was passiert, wenn mehr als eine Charge von unerwarteten Abweichungen betroffen ist?
In diesem Fall wäre es zulässig, die Chargen zu zertifizieren, wenn diese zum Zeitpunkt der Entdeckung der unerwarteten Abweichung bereits hergestellt und/oder geprüft worden sind.
Für Chargen, die erst nach der Entdeckung produziert wurden, sollten diese dann wiederholten Abweichungen als Änderung angesehen werden. Folglich müssen Änderungen an den betroffenen Zulassungen eingereicht werden. In Ausnahmefällen, und um Lieferausfälle zu vermeiden, kann es möglich sein, eine Zertifizierung durch die sachkundige Person fortzusetzen, während die Korrektur- und Präventivmaßnahmen noch in Gang sind.
Weitere Informationen finden Sie auf der EMA Website Guidance on good manufacturing practice and good distribution practice: Questions and answers.