Neues Kapitel 4 "Dokumentation" des EU-GMP-Leitfadens
Das finale Kapitel 4 "Dokumentation" des EU-GMP Leitfadens ist veröffentlicht worden und wird am 30. Juni 2011 in Kraft treten. Kapitel 4 wurde unter anderem als Folge der Revision von Annex 11 "Computerised Systems" überarbeitet, die am gleichen Tag veröffentlicht wurde. Jedoch sind auch andere wichtige Änderungen durchgeführt worden. Hier eine Übersicht:
Allgemeines
Die Anforderungen betreffen alle Arten von Dokumenten bzw. Medien, wie z.B. Papier, elektronische Dokumentation, photographische Medien oder auch sogenannte Hybrid-Typen.
Quality Management System
Das neue Kapitel 4 fordert ein Quality Management System (QMS), in dem Dokumente und Medien umfangreich definiert sein müssen. Als Teil des QMS muss eine Bestandsaufnahme gepflegt werden. Alle Dokumente, die Installations-, Lenkungs-, Überwachungs- und Aufzeichnungsaktivitäten mit direkter oder indirekter Auswirkung auf Arzneimittel betreffen, sollen in das QMS integriert werden.
Als Hauptdokumente werden beschrieben:
1. Anweisungen und Anforderungen:
- Spezifikationen
- Herstellungsformel
- Herstellungs-, Verpackungs- und Prüfanweisungen
- Verfahren
- Pläne
- Technische Vereinbarungen (Verträge)
Es wird darauf hingewiesen, dass Dokumente, die Anweisungen enthalten, systematisiert werden müssen, d.h. eindeutiger Inhalt, eindeutige Zuordnung und leichte Überprüfung. Darüber hinaus müssen sie von geeigneten und autorisierten Personen genehmigt, unterzeichnet und datiert werden. Das Gültigkeitsdatum muss definiert werden. Erwartungen zu Sprache und Stil der Dokumente sind neu. Diese müssen dem Verwendungszweck entsprechen. Standartarbeitsanweisungen (SOPs) und andere Anweisungen beispielsweise sollen in einem imperativen und verbindlichen Stil geschrieben werden.
2. Aufzeichnungen und Berichte:
- Protokolle
- Analysenzertifikate
- Berichte
Und das Site Master File
Aufbewahrungsfristen
Die Anforderungen zur Aufbewahrungsfrist wurden detaillierter verfasst. Die Chargendokumentation muss weiterhin ein Jahr lang nach dem Ablaufdatum der Charge aufbewahrt werden. Das Datum der Chargenzertifizierung durch die Qualified Person (QP) muss nun allerdings auch berücksichtigt werden. Fünf Jahre nach diesem Datum muss die Dokumentation behalten werden. Bei Prüfpräparaten muss die Chargendokumentation mindestens fünf Jahre nach Abschluss oder offiziellem Abbruch der letzten klinischen Studie, bei der die Chargen benutzt worden sind, aufbewahrt werden. Weitere Anforderungen, die in anderen Regularien enthalten sind, können noch längeren Aufbewahrungsfristen bedeuten.
Kritische Dokumentation, inkl. dazugehöriger Rohdaten (z.B. zur Validation oder Stabilität), die Information zur Marktzulassung enthalten, müssen solange aufbewahrt werden, wie die Zulassung gültig ist.
Line Clearance
Eine formelle Line Clearance wurde eingeführt. Sowohl die Herstell- als auch die Verpackungsanweisungen sollen dokumentierte Nachweise ermöglichen, um zu belegen, dass vorherige Produkte, Dokumente oder Stoffe von der Anlage und dem Arbeitsplatz entfernt worden sind, und dass die Anlage gereinigt und bereit für die Benutzung ist.
Berücksichtigung neuer Entwicklungen
Unter Berücksichtigung neuer Initiativen und Regularien zu PAT oder "Real Time Release" wird das neue Kapitel die Reduzierung von Herstellberichten auf Übersichten und Zusammenfassungen ermöglichen, wenn der Prozess entsprechend validiert ist und kontinuierlich überwacht und kontrolliert wird. Das heißt, da wo verlässliche elektronische Kontrollen eingesetzt werden, kann gerechtfertigt werden, dass weniger Informationen berichtet werden.
Aktivitäten der Qualified Person
Die Rolle der Qualified Person wird auch genauer erklärt. Alle Aufzeichnungen zur Chargenüberprüfung sollen der QP bei Bedarf zur Verfügung stehen. Die entsprechenden Aufzeichnungen sollen der QP zur Chargenzertifizierung routinemäßig zur Verfügung gestellt werden, besonders auch Auffälligkeiten und Änderungen kritischer Daten. Jedoch wird die QP nicht dazu verpflichtet alle GMP-relevanten Dokumente zu genehmigen (zu unterzeichnen).
Detaillierte SOP-Liste
Die Liste von geforderten SOPs, Plänen, Berichten und dazugehörigen Aufzeichnungen wurde ergänzt und enthält nun zusätzlich folgende Beispiele:
- Technologietransfer
- Change Control
- Untersuchungen von Abweichungen und Nicht-Konformitäten
- Selbstinspektionen
- GMP-Audits
- Zusammenfassungen (z.B. der PQR)
- Lieferantenaudits
Logbücher
Die Notwendigkeit von Logbüchern für kritische Analysengeräte wurde auch hervorgehoben.
Das neue Dokument finden Sie hier. Einen detaillierten elektronischen Vergleich des neuen Kapitels 4 mit der ehemaligen Version finden Sie im Downloadbereich des GMP Forums.
Wolfgang Schmitt
CONCEPT HEIDELBERG