Mängel bei Rohdaten im Rahmen von GMP-Inspektionen

Klaus Feuerhelm, ehemaliger GMP-Inspektor beim Regierungspräsidium Tübingen, hat eine TOP 3-Liste der Mängel von 2020 bei computergestützten Systemen erstellt. An Stelle 3 stehen Mängel im Zusammenhang mit Rohdaten.

Rohdaten - Definition:

Wenn wir uns mit Rohdaten befassen, werden wir feststellen, dass in EU-GMP dieser Begriff nicht definiert wird, aber zumindest eine Beschreibung zu finden ist, die Hinweise gibt, was unter Rohdaten zu verstehen ist:

EU-GMP Kapitel 4: "Mindestens solche Daten sollten als Rohdaten festgelegt werden, die für Qualitätsentscheidungen dienen."

Hier geht es also darum, welche besonderen Eigenschaften eine bestimmte Gruppe von Daten hat.

Eine weitere interessante Definition findet man in VDI/VDE 3516 Blatt 5 Validierung im GxP-Umfeld - Arten von Rohdaten:
"Rohdaten: festgelegte Daten (aus der Gesamtheit aller verfügbaren Daten), die für die Rekonstruktion und Bewertung der hinsichtlich Patientensicherheit, Studienergebnissen und/oder Produktqualität relevanten Ergebnisdaten notwendig sind."

Auch hier geht es um eine bestimmte Art (Gruppe von Daten). Eine andere Art der Definition von Rohdaten ist in einer Reihe von englischsprachigen Guidelines, z.B. MHRA ('GXP' Data Integrity Guidance and Definitions) oder GAMP® GPG Data Integrity by Design aufgeführt.

Beispiel MHRA:
"Raw data is defined as the original record (data) which can be described as the first-capture of information, whether recorded on paper or electronically. Information that is originally captured in a dynamic state should remain available in that state."

Ob EU-GMP Kapitel 4 genau so etwas gemeint hat, lässt sich nach Auffassung des Autors nicht aus dem GMP-Leitfaden herauslesen. Der Hinweis in EU-GMP Kapitel 4 ("Für die elektronischen Protokolle sollten die Nutzer festlegen, welche Daten als Rohdaten genutzt werden."), deutet eher darauf hin, dass es um eine bestimmte Gruppe oder Art von Daten geht, während die Definition im MHRA Guide oder im GAMP® Guide eher im Zusammenhang mit der Entstehung der Daten zu sehen ist. Beides kann demnach nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden.

Allerdings gibt die Definition der MHRA das wieder, was man heute unter Rohdaten versteht. Insofern ergibt sich hier ein gewisser Konflikt zwischen EU-GMP und dem allgemeinem Verständnis, was Rohdaten sind.

Konsequenzen der (fehlenden) Definitionen und Mängel bei Inspektionen:

Daher sollte der Arzneimittelbetrieb für sich selbst entscheiden, was er als Rohdaten versteht. Hierzu sollte es entsprechende SOPs geben, beispielsweise "Rohdaten in der Qualitätskontrolle". Solche SOPs werden immer wieder vermisst.

Eine weitere zu erwähnende Fehlerquelle ist, dass man nicht im Detail beschrieben hat, wie man diese Rohdaten archiviert. Wenn man jetzt Rohdaten im Sinne von MHRA oder GAMP definiert hat, wird man sich unter Umständen im Einzelfall schwer tun.

Ein weiteres Beispiel:
In der Qualitätskontrolle eines Betriebs wird ein Videodokumentationssystem für die Auswertung von Dünnschichtchromatogrammen genutzt. Die Archivierung der Bilder erfolgt auf Papier. Papier wird als führendes System angegeben. Allerdings waren auf bestimmten Ausdrucken nicht alle Informationen zu sehen, die man am Monitor des PCs gesehen hatte. Auf die Frage, was man macht, wenn man den Papierausdruck nicht ausreichend nutzen kann, wurde geantwortet, dass in diesem Fall auf die elektronischen Daten zurückgegriffen wird. Damit sind jedoch die elektronischen Daten die Rohdaten und nicht der Ausdruck; eigentlich sollte daher immer die Bilddatei für Freigabeentscheidungen genutzt werden; dabei ist insbesondere zu regeln, wie diese Bilddateien archiviert werden.

Quellen:
EU-GMP-Leitfaden

MHRA 'GxP' Data Integrity Guidance and Definitions

GMP Journal 59 - 02/21

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