Ist die Oberflächenrauheit in Reinstdampfsystemen GMP-relevant?

In der pharmazeutischen Industrie ist Reinstdampf (Pure Steam) ein kritisches Medium - insbesondere in sterilen und aseptischen Herstellbereichen, wo er u. a. für die Sterilisation von Oberflächen, Behältern und Prozessleitungen eingesetzt wird.

Eine häufig diskutierte Frage betrifft die Spezifikation der inneren Oberflächenrauheit (Ra) von Rohrleitungen und Komponenten: Ist eine definierte Rauheit - z.B. Ra < 0,8 µm - wirklich eine GMP-Anforderung für ein Reinstdampf-System, oder eher ein branchenüblicher Designstandard?

Regulatorische Anforderungen - eine Grauzone

Konkret schreibt der EU-GMP-Leitfaden im Teil 1 für Ausrüstungen vor:
3.38 Die Ausrüstung sollte so installiert sein, dass keine Gefahr eines Fehlers oder einer Verunreinigung besteht.
3.39 Die für die Produktion verwendete Ausrüstung sollte für die Produkte kein Risiko darstellen. Kein mit dem Produkt in Berührung kommendes Ausrüstungsteil darf mit diesem so in Wechselwirkung treten, dass die Produktqualität beeinträchtigt wird und damit ein Risiko entsteht (egal ob reaktiv, additiv oder absorptiv).

Reinstdampf-Systeme erfüllen diese Vorgaben nur eingeschränkt: Alle zeigen Rouging, die rötlich-schwarzen Eisenoxid-Korrosions-Partikel stellen eine unvermeidliche Verunreinigung des Dampfes dar. Sie können - je nach Prozess-Design - eine Produkt- und Patienten-Gefährdung verursachen.

Weder die EU-GMP-Leitlinien noch die US-amerikanischen FDA-Vorgaben definieren eine konkrete Oberflächenrauheit für Reinstdampf-Systeme. Die Anforderungen an Materialien und Design von Reinstdampf-Verteilungen orientieren sich in erster Linie an Prinzipien wie:

  • Eignung für den vorgesehenen Einsatzzweck
  • Reinigbarkeit
  • Vermeidung von Kontaminationsrisiken

Die Forderung nach einer bestimmten Rauheit (<0,8 µm) ist daher keine direkte GMP-Vorgabe, sondern hat sich vielmehr aus den Standards der WFI- und PW-Systeme übertragen - dort, wo mikrobielle Kontamination eine Rolle spielen kann. Für Reinstdampf, ein inhärent steriles Medium, gilt das nicht in gleichem Maße.

Was spricht dennoch für eine Rauheitsspezifikation?

  • Designkontrolle: Eine definierte Ra-Vorgabe verhindert eine Mischung unterschiedlicher Qualitäten und stellt eine gleichmäßige Verarbeitung sicher.
  • Kosten-Nutzen-Abwägung: Ra < 0,8 µm entspricht dem Standard-Schliff "2B" gemäß EN 10088 - wirtschaftlich sinnvoll und weit verbreitet.

Wie sinnvoll ist eine Elektropolitur bei Reinstdampf?

Die Elektropolitur kann die Ausbildung von Rouge etwas verzögern und generell Oberflächenfehler bei Edelstahl verringern.

Es besteht die Möglichkeit, bzw. es wurde schon beobachtet, dass sich auf E-polierten Oberflächen leichter lose anhaftende Rouge-Schichten (Flakes) ausbilden, die dann als große Partikel vom Dampf abgerissen werden. Demgegenüber würden "nur" mechanisch polierte Oberflächen diesen "Flaking"-Effekt nicht oder weniger zeigen, weil ‚Mikro-Rauhigkeiten' für eine bessere Anhaftung sorgen.

Die Bewertung der E-Politur für Bauteile in Reinstdampf-Systemen ist vor diesem Hintergrund bei Experten umstritten.

Filter als integraler Bestandteil des Systems

Da Rouge-Partikel im Reinstdampf-System nicht vollständig vermeidbar sind, können Dampffilter am Point of Use (PoU) Abhilfe schaffen, z. B. 0,1 µm oder 10 µm Edelstahl-Sinter-Kartuschen (ja nach Prozess-Design). Diese:

  • fangen abgelöste Partikel ab
  • schützen Produkt- und Prozesssysteme
  • können helfen, Druckschwankungen im Netz zu minimieren, da sie indirekt auch als Druck-Reduktion wirken und so helfen, Druckschläge zu vermeiden

Fazit: Technischer Standard mit pragmatischer Anwendung

Eine festgelegte Oberflächenrauheit im Reinstdampf-System ist kein GMP-Muss, hat sich aber als Best Practice etabliert.

Empfehlung:

  • Verwendung einer kontrollierten Spezifikation (z. B. Ra  0,8 µm), um den Stand der Technik in diesem heiklen Bereich nachweisbar zu erfüllen.
  • Nutzung von PoU-Filtern als präventive Maßnahme zur Minimierung der Partikel-Last bei kritischen Anschluss-Stellen - unabhängig von der Oberflächengüte des Systemes.

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