ISO Norm zur Erzeugung von Pharma-Wasser
Mit der ISO 22519 ist eine neue internationale Norm erhältlich, die sich mit der Vorbehandlung und er Erzeugung von gereinigtem Wasser (PW) und Wasser für Injektionszwecke (WFI) befasst.
Gemäß dem Text des neuen ISO-Standards gibt es zwar viele Guidelines, die sich mit Pharmawasser beschäftigen, aber kein Dokument, das allumfänglich die verschiedenen Methoden zur Herstellung von PW und WFI beschreibt. Diese Lücke möchte das neue Dokument schließen und Hinweise zur Spezifizierung eines Aufreinigung- bzw. Pharmawasser-Herstellsystems liefern.
Der neue Standard beinhaltet auf seinen 42 Seiten die Kapitel:
- Scope
- Normative references
- Terms, definitions and abbreviated terms
- Design and practices
- Selecting materials, methods and system components
- Sampling
- Instruments
- System design
- Operation
- Maintenance
- Specific GMP requirements
- Control philosophy
- Alarms
- Recommended engineering documentation
- Annex A: Examples of PQ productions systems
- Annex B: Examples of feed water categories
- Annex C: System selection table
- Annex D: Configuration of typical integrity test for polishing UF
Hiermit enthält das Dokument auf den ersten Blick tatsächlich die wesentlichen Punkte, die zur Auslegung und dem Betrieb einer Pharma-Wasser-Anlage wichtig sind. Umfassende Werke zum Thema Pharmawasser sind dennoch bereits vorhanden. Als Beispiele sei hier die Baseline "Water & Steam Systems" der ISPE sowie das Buch von William V. Collentro "Pharmaceutical Water: System Design, Operation, and Validation" genannt. Auch sind nicht alle Punkte im neuen Dokument unstrittig. So wird mit einer Mindesttemperatur von 80 °C eine recht hohe Sanitisierungstemperatur gefordert. Der aktuelle Trend geht eindeutig zu niedrigeren Temperaturen, die ausreichend und materialschonender sind. Auch dem Thema Rouging kann man mit niedrigeren Temperaturen begegnen. Die USP sagt hier beispielsweise: "Temperatures of 65°-80° are most commonly used for thermal sanitization". Generell sieht die neue ISO-Norm die thermische Sanitisierung als das einzig wahre Verfahren an. Kaltgelagerte und ozonisierte Systeme werden ausgespart. Insgesamt scheinen die beschriebenen Design-Kriterien auf den Einsatz der sehr speziellen "electrolytical scale reduction" in der Vorbehandlung zu setzen, bei der recht hohe Chlor-Werte entstehen, die schon in der Vorbehandlung deutlich keimreduzierend wirken. So wird auch der Einsatz einer UV-Lampe alleinig zur Chlor-Reduzierung beschrieben. Der Einsatz von UV-Anlagen zur Zerstörung in ozonisierten Systemen ist nicht erwähnt.
Die Anforderung an die Oberflächenrauigkeit ist mit 0,6 Ra ungewöhnlich. Der aktuelle Stand der Technik ist nach wie vor ein Ra-Wert von <= 08. Woher der neue Wert stammt, ist unklar. Auch ist die Anforderung, 70% der automatisiert erzeugten Schweißnähte zu überprüfen, ungewöhnlich hoch. In der Regel werden hier 10-20% mittels Endoskop betrachtet. Auch die Forderung, dass PW/WFI berührende Flächen passiert werden sollen, ist nicht zeitgemäß und obsolet. Eine oxidative Schutzschicht entsteht bereits beim ersten Durchfluss von Wasser. Ein weiterer Streitpunkt ist die Beschreibung eines Partikelfilters nach der (C)EDI. Stand der Technik im GMP-Umfeld ist es, keine Filter in Wasser-Systemen zu verbauen, was auch die Erwartung von GMP-Inspektoren ist. Insgesamt scheint der GMP-Anteil des neuen Dokuments recht gering. Das Kapitel "Specific GMP requirements" macht weniger als eine Seite aus. Die für die Pharma-Industrie wesentlichen Punkte, also Qualifizierung und Validierung sind zwar erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt. Hierzu finden sich beispielsweise in der kostenfrei erhältlichen FDA Guideline weitaus mehr nützliche Hinweise.
Ebenfalls technisch nicht einwandfrei ist die Forderung, dass sich mit jedem Aufbereitungsschritt (von Vorbehandlung und Aufreinigung) die Qualitätsparameter Leitfähigkeit, TOC und Gesamtkeimzahl verbessern sollen. Nun sind einige Aufbereitungstechnologien so beschaffen, dass sich Qualitätsparameter vorübergehend verschlechtern können, damit die in diesem Schritt ablaufende Aufreinigung überhaupt funktioniert. Sonst wäre es gar nicht möglich, Kationenaustauscher einzusetzen, um die Wasserhärte zu verringern. Calcium und Magnesium Ionen werden durch Natrium Ionen ersetzt, was die Leitfähigkeit insgesamt aber etwas erhöht. Auch ist ein Anstieg der Keimzahl, bedingt durch die große Oberfläche der Ionenaustauscher-Harze möglich. Der Einsatz von Kationenaustauschern ist aber Stand der Technik und hat in Pharmawasser-Anlagen mit korrektem Design keinen negativen Einfluss auf die Qualität des erzeugten PWs oder WFIs.
Üblicherweise zeigen ISO-Normen den Stand der Technik an. Ob dies auch auf die erste Fassung der ISO 22519 und die Anwendung in der pharmazeutischen Industrie zutrifft, kann diskutiert werden.
Erhältlich ist die ISO 22519 beim Beuth Verlag in englischer Sprache.