Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung beschlossen
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Der Bundesrat hat am Freitag, den 28. Juni 2019, das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Vorab hatte der Bundestag am 6. Juni in 2./3. Lesung das Gesetz beschlossen. Den Entwurf hatte das Bundesministerium für Gesundheit am 14. November 2018 vorgelegt. Änderungen gibt es hierdurch bedingt nun einer Reihe anderer Gesetze, u.a. dem AMG, z.B. in Bezug auf Rückrufe, Inspektionen und Sicherheitsmerkmale, mit erheblichen Auswirkungen auf Verantwortungsabgrenzungen zwischen den verschiedenen Behörden.
Grund der Gesetzesinitiative
Die geplanten Änderungen sollen es u.a. ermöglichen, bei Problemen besser und entschlossener zu reagieren oder diese gar zu verhindern. Als mögliche Treiber sind hier folgende Fälle zu nennen:
- Lunapharm: Ein Groß- und Parallelhändler soll von einer griechischen Apotheke teure Krebsarzneimittel bezogen haben, die wahrscheinlich in griechischen Krankenhäusern gestohlen wurden. Die Einhaltung von GDP-Grundsätzen beim Transport sowie der Lagerung war hier nicht sichergestellt.
- Valsartan: Mehrere Arzneimittel, die den blutdrucksenkenden Wirkstoff Valsartan enthalten, wurden seit Anfang Juli von den Aufsichtsbehörden zurückgerufen. Grund war eine produktionsbedingte Verunreinigung durch wahrscheinlich krebserregende Stoffe (N-Nitrosodimethylamin und N-Nitrosodiethylamin) bei einem chinesischen Zulieferer.
- Fall Bottrop: Bis 2016 wurden in Bottrop durch einen Apotheker Zytostatika-Präparate vorsätzlich falsch deklariert bzw. mit zu wenig Wirkstoff hergestellt und abgegeben.
- Fall Brüggen-Bracht: 2016 kam es in der Praxis eines Heilpraktikers in Brüggen-Bracht zu drei Todesfällen bei Krebspatienten. Als mögliche Todesursache wird die Infusion eines Arzneimittels diskutiert, die der Heilpraktiker selbst hergestellt hatte.
Tatsächlich lassen sich einige tiefgreifende Änderungen aus diesen Fällen ableiten:
Bei möglichen Versorgungsmängeln soll durch eine Stärkung der zuständigen Behörden ein zeitnahes und länderübergreifendes Vorgehen sichergestellt werden. Die Krankenkassen wiederum sollen einen Anspruch auf Regress gegenüber dem Hersteller erhalten, wenn es Rückrufe z.B. wegen Produktmängeln gibt. Aber auch die Kassen sollen in Mitverantwortung gezogen werden. Beim Abschluss von Rabattverträgen soll darauf geachtet werden, dass eine unterbrechungsfreie Lieferfähigkeit gesichert ist.
Zusätzlich erhalten die Bundesoberbehörden eine erweiterte Rückrufkompetenz bei Qualitätsmängeln, negativem Nutzen-Risiko-Verhältnis oder beim Vorliegen des Verdachts einer Arzneimittelfälschung und stärkere Befugnisse bei der Arzneimittelüberwachung. Hierzu zählen z.B. Einsichtnahme in Unterlagen zu eingesetzten Wirkstoffen und anderen Ausgangsstoffen. Die Inspektorate der Länder sollen zukünftig die Bundesoberbehörden über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren. Die Bundesoberbehörden können dann an diesen Inspektionen teilnehmen. Inwieweit sich dies alles auch aufgrund der angespannten Personalsituation in den Behörden umsetzen lässt, bleibt abzuwarten.
Sicherheitsmerkmale: Obwohl die Securpharm-Regeln keine Sanktionen oder Bußgelder vorsehen, sollen Verstöße von Herstellern, Großhändlern und Apothekern gegen die neuen Regeln mit Bußgeldern belegt werden. So könnte es z.B. Bußgelder geben bei einer verspäteten Meldung von möglichen Manipulationen.
Auf Apothekenebene wird die Versorgung mit Zytostatika neu geordnet. Die Herstellung von Krebsarzneimitteln soll mit einem festen Arbeitspreis von 110 Euro vergütet werden. Die Apotheker erhalten dann von den Krankenkassen nur noch den tatsächlichen Einkaufspreis. Die Preisverhandlungen mit der pharmazeutischen Industrie übernehmen die Krankenkassen dann direkt. Regelbeispiele für Fälle, in denen unangemeldete Inspektionen durchzuführen sind, werden klarer definiert.
Und aus dem Fall Brüggen-Bracht resultiert, dass die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Angehörige nichtärztlicher Heilberufe (insbesondere Heilpraktiker) erlaubnispflichtig wird.
Neben dem Arzneimittelgesetz AMG werden im Zuge des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) noch die folgenden Gesetze angepasst:
- Arzneimittel-Sachverständigenverordnung
- Arzneimittelfarbstoffverordnung
- Transfusionsgesetz
- Transfusionsgesetz-Meldeverordnung
- Betäubungsmittelgesetz
- Grundstoffüberwachungsgesetz
- Pflegeberufegesetz
- Medizinproduktegesetz
- das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
- Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung
- Arzneimittelpreisverordnung
- Änderung der Packungsgrößenverordnung
- Heilmittelwerbegesetz
- Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde
- Gewebegesetz
- Apothekengesetz
- Apothekenbetriebsordnung
- Arzneimittelhandelsverordnung
Hier wird es noch ein paar Änderungen mit geringer GMP-Relevanz geben, wie z.B.:
- Biosimilars sollen schneller in die Versorgung kommen
- Es wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Herstellung von Frischzellen zur Anwendung am Menschen zu verbieten
- Die notwendigen Regelungen für die Verwendung des elektronischen Rezeptes werden geschaffen
Randnotiz: Das umstrittene Thema Importklausel ist evtl. noch nicht vom Tisch. Landesregierungen von Brandenburg und Thüringen kritisieren neben der neu gefassten Importklausel auch die Regelungen zu den unangemeldeten Inspektionen und parallele Zuständigkeiten von Bund und Ländern. Allerdings lehnten die Abgeordneten einen Antrag des Gesundheitsausschusses der Länderkammer, den Vermittlungsausschuss anzurufen, ab. Somit bleibt die Importquote in geänderter Form bestehen.