FDA Warning Letters und EU Non-Compliance Reports nach Inspektionen von Wirkstoffbetrieben - ein Vergleich

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Tuesday, 23 September 2025 13.00 - 17.00 h
Auf der gesetzlichen Grundlage des "Freedom of Information Act" stellt die FDA die Warning Letters auf ihrer Webseite online und macht sie ohne weitere Einschränkungen durch Passwort oder login-Verfahren für jedermann kostenlos zugänglich. Die Inspektionsberichte europäischer Überwachungsbehörden - die "Statements of Non-Compliance with GMP" - sind seit Anfang 2011 in der EudraGMP-Datenbank öffentlich zugänglich (EMEA-Datenbank zu GMP-Inspektionen jetzt öffentlich zugänglich (EudraGMP)). Somit ist es möglich, die Produktionsstandorte zu identifizieren, die sowohl einen Warning Letter als auch einen Non-Compliance Report (NCR) erhalten haben.
Im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2015 und 30. Juni 2017 erhielten insgesamt 3 Wirkstoffhersteller (zwei in China und einer in Indien) sowohl einen FDA-Warning Letter als auch den entsprechenden von einer Überwachungsbehörde eines EU-Mitgliedstaates ausgestellten NCR. Der nachfolgende Vergleich der beiden jeweiligen Dokumente enthüllt interessante Details:
1. Dongying Tiandong Pharmaceutical Co., Ltd., Dongying City, China
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 9. Dezember 2015, Veröffentlichung des NCR am 25. Februar 2016; ausstellende Behörde: French National Agency for Medicines and Health Products Safety
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 12.-16. Oktober 2015; Datum des WL: 10. November 2016
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 10 Abweichungen, davon 3 als "kritisch" und 2 als "major" eingestuft.
- kritisch: PCR-Analysen des von einem genehmigten Lieferanten bezogenen Roh-Heparins bestätigen die Anwesenheit von Fremd-DNA (DNA von Wiederkäuern). Die Analysenergebnisse wurden manipuliert.
Der Weg des Roh-Heparins vom Lieferanten zum Standort seiner Verarbeitung kann nicht nachvollzogen werden. Entsprechende Dokumente sind nicht vorhanden; die Qualitätssicherung weist erhebliche Lücken auf.
- major: nicht GMP-konformer Umgang mit Abweichungen und OOS-Ergebnissen; nicht sachgemäße Qualifizierung neuer Roh-Heparin Lieferanten; unzureichende Überprüfung der NMR-Spektren (Identitätsprüfung), zusätzlicher Peak, der auf eine Verunreinigung hinweist, wird ignoriert.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Entzug des GMP-Zertifikats
- Entfernung des Herstellers aus den Dossiers der in der EU zugelassenen Arzneimittel empfohlen (Variation-Verfahren)
- Produkt-Rückruf unter Berücksichtigung der nationalen Versorgungssituation empfohlen
- Entzug des CEPs für Enoxaparin Natrium
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit OOS-Ergebnissen (PCR) bei der Analytik von Roh-Heparin, keine CAPAs; PCR-Analytik nicht hinsichtlich Fremd-DNA (Wiederkäuer) validiert; unzureichende Evaluierung/Qualifizierung von Roh-Heparin Lieferanten.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
Die FDA-Inspektoren stießen auf die gleichen GMP-Mängel wie die EU GMP-Inspektoren 2 Monate zuvor. In diesem Zeitraum hat sich bei dem chinesischen Hersteller in Bezug auf die Behebung dieser Mängel offensichtlich nichts getan.
2. Polydrug Laboratories PVT. Ltd., Ambernath (East), Indien
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 24. Februar 2016, Veröffentlichung des NCR am 11. November 2016; ausstellende Behörde: Agency for Medicinal Products and Medical Devices of Croatia
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 16.-23. März 2015; Datum des WL: 14. April 2016
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 22 Abweichungen, davon 4 als "major" eingestuft.
- major: Mängel im Qualitätsmanagement in Bezug auf das Umpacken von Chargen und deren Lagerung; mangelhafte Validierung von computergestützten Systemen; CAPAs zur Behebung der in einer früheren Inspektion gefundenen Mängel wurden nicht umgesetzt.
- andere: Reduziertes Prüfdesign nicht GMP-konform; manuelle Integration von HPLC-Chromatogrammen; unzureichende Reinigungsvalidierung
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Entfernung des Herstellers aus den Dossiers der in der EU zugelassenen Arzneimittel empfohlen (Variation-Verfahren)
- Lieferstopp für Wirkstoff-Chargen dieses Herstellers
- Entzug des CEPs für 5 Wirkstoffe
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit Kunden-Beanstandungen in Bezug auf die Produktqualität; keine Überprüfung auf Abweichungen und Ursachenforschung; keine Zugriffskontrolle auf elektronische Rohdaten; keine adäquaten Qualitätskontrollverfahren.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
- Import-Alert
Die EU GMP-Inspektion erfolgte hier ein knappes Jahr nach der Inspektion durch die FDA. In dieser Zeitspanne wurden entweder einige der GMP-Mängel behoben oder der Fokus der EU-Inspektoren lag auf anderen Bereichen. Der FDA Warning Letter war zumindest zum Zeitpunkt der EU-Inspektion noch nicht veröffentlicht.
3. Jinan Jinda Pharmaceutical Chemistry Co., Ltd., Zhangqiu City, China
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 1. Juni 2016, Veröffentlichung des NCR am 29. Juli 2016; ausstellende Behörde: Spanish Agency of Medicines and Medical Devices
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 30.Mai.-1. Juni 2016; Datum des WL: 24. Februar 2017
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 30 Abweichungen, davon 2 als "kritisch" und 8 als "major" eingestuft.
- kritisch: GMP-Verletzungen im Bereich der Kontrolle von Rohdaten und der Überprüfung/Handhabung von OOS-Ergebnissen
- major: GMP-Verletzungen in den Bereichen Training, Änderungskontrolle, Bewertung der Qualität, Prozessvalidierung, Reinigungsvalidierung
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Lieferstopp
- Entzug eines CEPs
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit OOS-Ergebnissen, keine Ursachenforschung; keine Zugriffskontrolle auf elektronische Rohdaten.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
- Import-Alert
Die FDA- und EU GMP-Inspektion erfolgten zeitlich unmittelbar hintereinander; die Inspektoren gaben sich gewissermaßen die Klinke in die Hand. Entsprechend gleichen sich auch die gefundenen GMP-Mängel.
Wie der Vergleich der Inspektionsberichte zeigt, fallen die inspizierten Standorte zum Teil durch die gleichen GMP-Mängel auf. Leider ist ein genauerer Vergleich mit den ausführlich formulierten Warning Letters wegen der knappen, oft nur stichwortartigen Angaben in den Non Compliance Reports nicht möglich.