EU GMP Annex 1 Revision 2016 - was erwartet die Pharma-Industrie?

Am 12. und 13. April fand Europas größter Pharma-Kongress seiner Art im Düsseldorf statt. Mit über 1.000 Teilnehmern, 90 Ausstellern und 10 GMP-Konferenzen war der Kongress 2016 der größte seit der erstmaligen Durchführung vor 18 Jahren. 50 Vorträge, fast ausschließlich Case Studies aus Pharma-Unternehmen wie Pfizer, Novartis, Boehringer Ingelheim u.v.m. wurden diskutiert. Besondere Aufmerksamkeit erhielten die "Key Notes" zum jeweiligen Start der Kongresstage.

In seinem Key-Note Vortrag ging Dr. Friedrich Haefele, Vice President Fill & Finish Biopharma bei Boehringer Ingelheim, auf die Revision des Annex 1 des EU GMP-Leitfadens ein. Die erste Version stammt bereits aus dem Jahr 1972. Seit dieser Zeit gab es bereits fünf Revisionen, aber noch keine grundlegende Überarbeitung, so Dr. Haefele. Es ist also an der Zeit, dieses elementare Dokument zur Regulierung der Sterilfertigung in Europa zu überarbeiten.

Dr. Haefele zeigte den Handlungsbedarf einerseits durch den Vergleich mit dem FDA Aseptic Guide auf, andererseits auch durch seine ganz eigene Kommentierung. Oberstes Ziel müsse eine Harmonisierung sein, meinte Friedrich Haefele. Grundlegend ist er der Meinung, der Annex 1 solle weiterhin sterilen, parenteralen Produkten vorbehalten bleiben. Andere sterile Produkte oder Wirkstoffe sollten in anderen Dokumenten bzw. spezifischen Anhängen reguliert werden. Auch wünscht er sich eine Trennung im neuen Annex 1 zwischen aseptisch gefertigten und terminal-sterilisierten Produkten.

Ein zentrales Dokument für ihn ist die DIN ISO 14644-1, die sowohl vom europäischen als auch US-amerikanischen Guide zur Klassifizierung von Reinräumen herangezogen wird. Die Tatsache, dass die Grenze für 5 µm Partikel aus der Klasse ISO 5 (ISO 4.8) gestrichen wurde, stört Dr. Haefele dabei nicht. Seiner Meinung nach solle dies auch aus den Europäischen Forderungen gestrichen werden. Abweichungen bei 0,5 und 5 µm Partikeln gehen im Wesentlichen parallel, so dass man auf die Grenze für 5 µm Partikel verzichten kann.

Auch für das mikrobiologische Umgebungsmonitoring schlug Dr. Haefele eine Vereinfachung vor. In Europa sind zur Zeit settling-plates wie auch die aktive Luftkeimsammlung vorgeschrieben. Laut Dr. Haefele sollte nur die Luftkeimsammlung verbindlich sein, der Einsatz von settling-plates dagegen nur optional bzw. zusätzlich. Das Heranziehen von Durchschnittswerten beim mikrobiologischen Monitoring im Reinraum sollte unterbunden werden. Mit dem Einsatz von Isolatoren mit validiertem Dekontaminationszyklus kann das mikrobiologische Monitoring entsprechend ICH Q9 Quality Risk Management auf das Wesentliche reduziert werden.

Im Europäischen Annex 1 gibt es im Gegensatz zum FDA Aseptic Guide Anforderungen für den Bördelprozess sowie die Unterscheidung in den aseptic oder clean Prozess. Für Letzteren wünscht sich Dr. Haefele eine genauere Definition von "Grade A Air Supply", die laut Annex 1 zum Schutz während des Prozesses eingesetzt werden soll. Eine Industrie-Meinung gibt es hierzu, so Dr. Haefele, nur sollte dies auch im zugehörigen Behördendokument stehen. Er meinte damit den Einsatz von nach Klasse A Anforderungen gefilterter Luft, ohne Berücksichtigung der mikrobiologischen Anforderungen.

Große Unterscheide zwischen Annex 1 und Aseptic Guide gibt es im Bereich Sterilisation. Im US Dokument finden sich keine Hinweise zur terminalen Produktsterilisation. Im EU Dokument ist dies enthalten, wobei Dr. Haefele vorschlägt, die Anforderung einer Sterilisation mit Reinstdampf primär auf die terminale Produktsterilisation einzugrenzen und für sogenannte Ready-to-Use Materialien, auch die Sterilisation mit Ethylenoxid oder andere Methoden zu erlauben.

Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit sieht Dr. Haefele beim Thema Sterilfiltration. So vertritt er die Meinung, dass eine Integritätsprüfung nach Sterilisation unmittelbar vor der Abfüllung entfallen kann, denn die Daten der Filtervalidierung und der Integritätsprüfung nach der Abfüllung geben ausreichende Sicherheit. Der Verzicht auf die obligate Integritätsprüfung nach Sterilisation - vor dem Einsatz - reduziert die Komplexität beim aseptischen set-up und bei der Konstruktion von Anlagen.

Einen weiteren Unterschied gibt es beim Quality Oversight. In Europa gibt es keine Forderung, dass die Qualitätssicherung (physisch) bei aseptischen Prozessen on-site sein muss. Der Aseptic Guide hingegen fordert eine QC Oversight, speziell der Media Fill wird hier genannt. Dr. Haefele rief zur Harmonisierung der Anforderungen auf, allerdings um die Europäische Philosophie zu bestärken: Qualitätssicherung ist ein System, keine Organisation. Eine weitere Änderung schlug Herr Haefele beim Media Fill in Isolatoren vor. Eingriffe erfolgen hier von außen über Handschuhe und sind somit "personenneutral". Die Anforderung, dass Eingriffe beim Media Fill personenspezifisch abgebildet sein müssen, sollte daher für Mediafills in Isolatoren entfallen.

Beim Thema Desinfektion wünschte sich Herr Haefele die Aufnahme von Wasserstoffperoxid zur Dekontamination von Oberflächen in Isolatoren und Materialschleusen, sowie den Verzicht auf die  obligatorische Rotation beim Einsatz von Desinfektionsmitteln.

Ein weiteres Thema im Annex 1 ist die Überprüfung der Integrität von Behältnissen mit sterilen Arzneimitteln. Nur für Behältnisse, die über eine Abschmelzung verschlossen wurden (Glasampullen sowie BFS-Behältnisse), fordert der Annex im Augenblick eine 100% Kontrolle. Dr. Haefele wünscht sich hier mehr Offenheit, hin zu geeigneten Kontrollen für alle Packmittelarten bzw. Darreichungsarten.

Zum Abschluss bekräftigte er den Einsatz moderner Barrieretechnik für die aseptische Herstellung als Stand der Technik und  wiederholte den Wunsch einer Harmonisierung der Anforderungen für steril und aseptisch hergestellte Arzneimittel. MRAs, also Mutual Recognition Agreements, könnten die Anzahl der Behördeninspektionen in den Firmen reduzieren.

Die Publikation des Entwurfes zum neuen EU GMP Annex 1 ist  aktuell für den Herbst 2016 geplant.

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