Die Bedeutung des Knowledge Managements im GMP-Bereich

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17/18 September 2025
Building a Knowledge Framework in GMP
Wissensmanagement (Knowledge Management, KM) wird zunehmend auch in GMP-regulierten Bereichen der pharmazeutischen Industrie als wichtige Säule anerkannt. Für Führungskräfte in der Pharmaindustrie und Qualitätssicherungsexperten kann ein effektives KM entscheidend dazu beitragen, die Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen, kontinuierliche Verbesserungen voranzutreiben und die betriebliche Effizienz zu steigern. Tatsächlich wird KM (neben dem Qualitätsrisikomanagement) in internationalen Richtlinien wie ICH Q10 (Pharmaceutical Quality System) als wichtiger "Enabler" für ein effektives Qualitätssystem aufgeführt. ICH Q10 definiert KM als "systematischen Ansatz zum Erfassen, Analysieren, Speichern und Verbreiten von Informationen zu Produkten, Herstellungsprozessen und Komponenten". Einfacher ausgedrückt bedeutet dies, dass den richtigen Personen zur richtigen Zeit das richtige Wissen zur Verfügung steht, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein robustes KM unterstützt die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und die kontinuierliche Verbesserung der Fertigung und der damit verbundenen Qualitätssysteme. Über die Einhaltung von Vorschriften hinaus fördert es auch die operative Exzellenz und schafft Synergien zwischen Qualität und Geschäftsergebnissen. In der GMP-Umgebung, in der die Prozesse oft komplex und stark reguliert sind, stellt eine starke KM-Praxis sicher, dass gewonnene Erkenntnisse und Prozess-Know-how nicht nur dokumentiert, sondern auch innerhalb des gesamten Unternehmens geteilt und angewendet werden.
Wissensmanagement als Grundlage für GMP-Qualitätssysteme
Ein effektives pharmazeutisches Qualitätssystem (PQS) basiert auch auf der Fähigkeit des Unternehmens, Produkt- und Prozesswissen während des gesamten Produktlebenszyklus zu managen. Dies beginnt bereits in der Entwicklung und setzt sich über den Technologietransfer, die kommerzielle Herstellung und bis zur Einstellung des Produkts fort. Durch die systematische Erfassung von Erkenntnissen aus Entwicklungsdaten, Prozessvalidierungen, Herstellungserfahrungen und Abweichungs- und Änderungskontrollhistorien bauen Unternehmen dediziertes Wissen auf, das eine konsistente, wissenschaftlich fundierte Entscheidungsfindung unterstützt. Das Ziel ist eine Kultur der "lernenden Organisation", in der Informationen nicht isoliert sind. Stattdessen fließt das Wissen frei zwischen Abteilungen, Standorten und sogar zwischen Vertragspartnern, was intelligentere Entscheidungen und eine proaktive Problemvermeidung ermöglicht. So legen auch die EU-GMP-Richtlinien (Kapitel 1) fest, dass ein PQS sicherstellen sollte, dass "Produkt- und Prozesswissen während aller Lebenszyklusphasen verwaltet wird", was unterstreicht, dass KM nicht nur ein theoretisches Konzept ist, sondern ein erwarteter Bestandteil moderner GMP-Abläufe.
Wenn KM in den täglichen Betrieb integriert ist, profitieren Pharmaunternehmen von konkreten Vorteilen. Die Teams haben die richtigen Informationen zur Hand, Prozesse werden konsistent durchgeführt und Entscheidungen werden auf der Grundlage des kollektiven Wissens der Organisation und nicht auf der Grundlage isolierter Erfahrungen getroffen. Effektives KM verbindet Menschen, Prozesse, Technologien und Inhalte: Es umfasst nicht nur gute IT-Systeme (für Dokumentenmanagement, Suchwerkzeuge usw.), sondern auch klar definierte Prozesse zur Wissensweitergabe und eine Kultur, die den Wissensaustausch fördert.
Abweichungsmanagement und CAPA
Jeder Herstellbetrieb ist mit Abweichungen konfrontiert. Was leistungsstarke Unternehmen auszeichnet, ist die Art und Weise, wie sie aus diesen Vorfällen lernen. KM spielt eine entscheidende Rolle bei der Untersuchung und dem CAPA-Prozess (Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen). Wenn eine Abweichung auftritt, liefert eine gründliche Untersuchung wertvolle Erkenntnisse über die Ursachen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dieses Wissen in einer Datenbank oder einem Bericht zu erfassen und zu verbreiten, damit das gleiche Problem nicht an anderer Stelle oder in Zukunft erneut auftritt. Einige Unternehmen führen "Lessons Learned"-Sessions durch, in denen Teams zusammenkommen, um beispielsweise zu diskutieren, was schiefgelaufen ist und wie es behoben wurde. Diese Praxis ist ein Beispiel dafür, wie KM kontinuierliche Verbesserung und Compliance ermöglicht. Anstatt dass jede Abteilung oder jeder Standort aus eigenen Fehlern lernen muss, lernt das Unternehmen einmal und profitiert überall davon. Im Laufe der Zeit ermöglicht eine umfangreiche Wissensdatenbank mit früheren Abweichungen und CAPAs eine Trendanalyse: Teams können wiederkehrende Probleme proaktiv identifizieren und systemische Probleme angehen. Ein wissensbasiertes CAPA-System unterstützt auch Untersuchungen: Es können ähnliche Fälle aus der Vergangenheit besser bewertet werden und man kann sich schnell auf die wahrscheinlichen Ursachen konzentrieren.
Audits und Inspektionen
Sowohl interne als auch externe Audits oder Inspektionen liefern eine Fülle von Erkenntnissen über den Compliance-Status eines Unternehmens und Bereiche, in denen Verbesserungen möglich sind. Ein guter KM-Ansatz stellt sicher, dass die Ergebnisse unternehmensweit erfasst werden. Anstatt jedes Audit isoliert zu betrachten, erstellen Unternehmen mit effektivem KM geeignete Datenbanken mit Auditbeobachtungen, Antworten und 'gewonnenen Erkenntnissen', die für relevante Mitarbeiter zugänglich sind. Wenn beispielsweise bei einer behördlichen Inspektion an einem Produktionsstandort ein Problem aufgedeckt wird, sollte dieses Wissen mit anderen Standorten geteilt werden, damit diese ihre eigenen Prozesse proaktiv überprüfen und verbessern können. So wird verhindert, dass derselbe Fehler an anderer Stelle wiederholt wird. Und die Inspektoren erwarten auch, dass das Unternehmen global gelernt hat, nicht nur lokal. Darüber hinaus unterstützt KM eine Inspektionsvorbereitung: Verfahren und Nachweise (wie Schulungsunterlagen, Änderungsprotokolle, Abweichungsberichte) sind gut organisiert und leicht abrufbar, wodurch auf Anfragen schneller und genauer reagiert werden kann. Wichtig ist, dass Wissensmanagement auch die Verfolgung von regulatorischen Änderungen umfasst, d. h. die Information über neue Vorgaben oder auch häufige Inspektionsergebnisse in der Branche. Dieses externe Wissen sollte intern weitergegeben werden (z. B. über Newsletter oder Wissensportale).
Schulung und Wissensspeicherung
Menschliches Wissen spielt in pharmazeutischen Betrieben eine große Rolle, und durch effektive Schulungen wird Wissen an Menschen weitergegeben. Effizientes KM ergänzt Schulungsprogramme, indem es sicherstellt, dass kritisches Know-how dokumentiert und über Einzelschulungen hinaus zugänglich ist. Einiges an Fachwissen liegt beim Personal als eine Art internes Wissen vor, nirgendo dokumentiertes Know-how, das durch Erfahrung gewonnen wurde. Wenn dieses implizite Wissen nicht erfasst wird, geht es mit dem Ausscheiden oder Weggang von Mitarbeitern verloren. Ein robustes KM-System begegnet diesem Problem, indem es persönliches Wissen in explizites Wissen umwandelt. Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wird schneller und effektiver, wenn sie nicht nur auf formelle SOPs, sondern auch auf Erkenntnisse aus früheren Projekten, Tipps zur Fehlerbehebung und Best Practices zugreifen können. Ein schlechter Wissensaustausch kann die Einarbeitung unnötig verlängern, während eine Kultur des systematischen Wissensaustauschs diese Zeit erheblich verkürzen kann. KM unterstützt die Schulung, indem es das Lernen zu einem kontinuierlichen Prozess am Arbeitsplatz macht: Aktualisierte Verfahren, Anleitungen und aus Abweichungen gewonnene Erkenntnisse stehen für Auffrischungsschulungen oder Just-in-Time-Lernen in der Fertigung zur Verfügung. Darüber hinaus können moderne E-Learning- oder Wissensportale nachverfolgen, wer Aktualisierungen gelesen oder z. B. Quizfragen beantwortet hat, wodurch die Kompetenz gestärkt wird. Durch das Wissensmanagement bewahren Unternehmen auch bei Fluktuation ihr Fachwissen. Wie ein Branchenexperte es ausdrückte: Ohne Dokumentation und Wissenserfassung "können Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und ihr Wissen mitnehmen"(5), was der Effizienz und Kontinuität schadet.
Technologietransfer und Scale-up
Der Technologietransfer (Tech Transfer) ist eine entscheidende Phase im Lebenszyklus eines Medikaments, sei es beim Transfer eines Prozesses von der Entwicklung zur Herstellung, zwischen Produktionsstätten oder zu einem Auftragshersteller. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um einen Transfer von Wissen darüber, wie ein Medikament unter GMP-Bedingungen hergestellt wird. Es überrascht nicht, dass ein unzureichendes Wissensmanagement einer der Hauptgründe dafür ist, dass Technologietransfers scheitern oder sich verzögern. Ein effektives Wissensmanagement beim Technologietransfer umfasst die systematische Erfassung aller Produkt- und Prozesskenntnisse und deren Weitergabe an den empfangenden Standort oder das empfangende Team, einschließlich möglicher Herausforderungen und bekannter Fallstricke. Wenn dieses Wissen gut organisiert und verfügbar ist, kann der Empfänger den Prozess viel effizienter reproduzieren. Fehlt Wissen oder ist es nur in den Köpfen einiger weniger Experten vorhanden, wird der Transfer fehleranfällig.
Investitionen in KM-Praktiken und -Tools können zu weniger Abweichungen, reibungsloseren Technologietransfers, einer schnelleren Einarbeitung von Mitarbeitern und einer agileren Entscheidungsfindung führen. Für QA-Fachleute ist KM das Bindeglied, das alle Elemente des Qualitätssystems - von der Dokumentenkontrolle bis hin zu CAPA - zu einem zusammenhängenden, funktionierenden Ganzen verbindet. Es verwandelt eine compliance-orientierte Kultur in eine Lernkultur. Unternehmen, die KM einsetzen, stellen oft fest, dass sich "Wissen durch Nutzung vervielfacht": Je mehr es geteilt und angewendet wird, desto mehr Wert schafft es.
Fazit
Wissensmanagement ist zu einem wichtigen Eckpfeiler in der Industrie geworden, auch in der Pharmaindustrie, insbesondere angesichts der zunehmenden Komplexität der Prozesse und strengeren regulatorischen Anforderungen. Effiziente Wissensgenerierung, -transfer und -anwendung sind unerlässlich, um die Compliance aufrechtzuerhalten, Fehler und Risiken zu minimieren, Zeitverschwendung zu vermeiden und Innovationen voranzutreiben. Ein ECA-Kurs zum Thema "Knowledge Management in GMP" befasst sich mit dem "Was", "Warum" und "Wie" von KM in der GMP und vermittelt Teilnehmenden umsetzbare Erkenntnisse, um ihre Systeme zu stärken und langfristigen Erfolg in einer wettbewerbsintensiven Branche sicherzustellen.
Quellen und weitergehende Informationen:
1. ICH Q10 Pharmaceutical Quality System Guideline
2. ECA Academy: Is Knowledge Management a Part of the Pharmaceutical Quality System? (News, June 2025)
3. FDA/PQRI Presentation: A Regulatory Perspective on Knowledge Management and Quality Risk Management
4. European Pharmaceutical Review: "ICH Q10 knowledge management" (Christian Rack, 2019)
5. BioProcess International: "Integrating Knowledge Management into QMS" (Richter et al., 2025)
6. Quality Forward: CAPA Management in Pharmaceuticals (Blog, 2025)
7. Orca Lean: Why Operators Struggle with SOP Compliance (Blog, 2025)
8. Pharmaceutical Technology: "Addressing the Key Pitfalls Hindering Tech Transfer Success" (Lisete Pinto, 2022)