Der neue Leitlinienentwurf der EMA zur Sterilisation von Arzneimitteln, Wirkstoffen, Hilfsstoffen und Primärbehältnissen

Die terminale Sterilisation eines Arzneimittels, Wirkstoffs oder Hilfsstoffs nach einem im Europäischen Arzneibuch beschriebenen Verfahren ist üblicherweise die Methode der Wahl. In vielen Fällen ist dies jedoch aus Gründen der Stabilität des Produkts problematisch, weswegen andere Verfahren zur Reduktion der mikrobiellen Belastung zur Anwedung kommen - wie Sterilfiltration oder aseptische Herstellung. Bislang bestand eine gewisse Unsicherheit darüber, inwieweit diese Methoden in einem Zulassungs- oder Änderungsverfahren anerkannt werden und welche Daten dazu einzureichen sind. 

Der neue Leitlinienentwurf der EMA mit dem Titel "Guideline on the sterilisation of the medicinal product, active substance, excipient and primary container" vom April 2016 enthält Bestimmungen zur eindeutigen Regelung in Bezug auf die Anerkennung von alternativen Sterilisationsverfahren durch die europäischen Zulassungsbehörden. Diese Bestimmungen gelten für chemisch und biotechnologisch hergestellte Human- und Tierarzneimittel sowie für die entsprechenden Wirk- und Hilfsstoffe, nicht jedoch für Tierarzneimittel auf immunologischer Basis.

Das Dokument beschreibt die Anforderungen an die Sterilisation von Arzneimitteln, Wirkstoffen, Hilfsstoffen und Primärpackmitteln und an die Auswahl des Sterilisationsverfahrens. Ferner enthält es zwei Entscheidungsbäume zur Auswahl von Sterilisationsverfahren für Produkte in unterschiedlichen galenischen Formen.

Nachfolgend eine Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte dieser Kapitel:

Herstellung steriler Arzneimittel
Die Bedingungen und physikalischen Parameter werden für folgende Verfahren genau beschrieben:

  • Dampfsterilisation
  • Sterilisation mit trockener Hitze
  • Sterilisation durch ionisierende Bestrahlung (hier wird auf die NfG "The use of Radiation in the Manufacture for Medicinal Products", die ISO-Norm 11137 und das Kapitel 5.1.1 des Europäischen Arzneibuchs verwiesen)
  • Gas-Sterilisation (mit Ethylenoxid, Ethylenchlorhydrin etc.)
  • Sterilfiltration
  • Aseptische Herstellung

Grundsätzlich gilt für alle Verfahren:

  • Die Wahl der Sterilisationsmethode muss begründet werden.
  • Die Methode muss validiert sein.
  • Die in der jeweiligen allgemeinen Monographie des Europäischen Arzneibuchs beschriebene Methode ist anzuwenden. Eine Abweichung hiervon muss begründet werden.
  • Die Verfahren sind für alle Standorte, an denen sie durchgeführt werden (auch die im Lohnauftrag vergebene) zu dokumentieren (CTD Modul 3, Kapitel 3.2.P.2 und 3.2.P.3).

Herstellung steriler Wirkstoffe und Hilfsstoffe
Hier wird klargestellt, dass die Regelungen des EG GMP-Leitfadens Teil II nur für die Herstellung beginnend mit dem Starting Material bis zum fertigen Wirkstoff unmittelbar vor der Sterilisation gelten. Der am Wirkstoff durchgeführte Sterilisationsschritt fällt bereits unter die Arzneimittelherstellung. Daraus folgt, dass ein Herstellbetrieb, der einen Wirkstoff sterilisiert, hierfür eine Herstellungserlaubnis, ein GMP-Zertifikat und damit auch eine Qualified Person benötigt. Dies gilt auch für Betriebe, die sterile Hilfsstoffe herstellen. Wirk- und Hilfsstoffe, zu denen ein Certificate of Suitability (CEP) existiert, fallen ebenfalls unter diese Regelung.

Wahl des Sterilisationsverfahrens
Hierfür gelten folgende Grundsätze:

  • Gemäß allgem. Kapitel 5.1.1 des Europäischen Arzneibuchs sollte die terminale Sterilisation wenn irgend möglich im Endbehältnis erfolgen.
  • Wenn die Sterilisation mittels Hitze aus Gründen der Temperaturempfindlichkeit des Produkts nicht möglich ist, können andere Verfahren bzw. aseptische Prozesse angewendet werden; diese müssen jedoch ausreichend validiert sein. In Frage kommen auch terminale Schritte zur Reduktion der Keimbelastung; diese dürfen jedoch keine Kompensation für mangelhaft beherrschte aseptische Prozessschritte darstellen.
  • Eine Änderung (Verkürzung) der Haltbarkeit oder der Lagerbedingungen durch den terminalen Sterilisationsschritt ist per se kein Grund für die Genehmigung der aseptischen Prozessierung; Ausnahme: die Verwendung des Produkts wird dadurch erschwert oder eingeschränkt.
  • Ebenso folgt aus der Erhöhung des Gehalts an Verunreinigungen bzw. Abbauprodukten nach terminaler Sterilisation nicht unmittelbar eine Genehmigung aseptischer Prozessschritte. Vielmehr müssen die Risiken aufgrund eines höheren Gehalts an Impurities gegenüber den Risiken, die eine aseptische Herstellung birgt, abgewogen werden (z.B. Charakteristik der Abbauprodukte versus Dosierung des Arzneimittels). Die Versuche zur Ermittlung von Sterilisationsbedingungen, bei denen ein akzeptabler Gehalt an Verunreinigungen entsteht und gleichzeitig eine Keimreduktion von mindestens 10-6 erreicht wird, sind im Dossier zu beschreiben.
  • Unter bestimmten Bedingungen können aseptische Herstellprozesse akzeptiert werden, selbst dann, wenn eine terminale Sterilisation des Produkts selbst möglich wäre, z.B. im Fall von Augentropfen in Polyethylen-Behältnissen, die die Applikation einzelner Tropfen erlauben oder vorgefüllte Pens. Hier würde die terminale Sterilisation von Produkt im Endbehältnis dieses zerstören.
  • Auch im Fall von hitzeempfindlichen Endbehältnissen müssen im Dossier die Überlegungen zur Wahl des Behältnisses beschrieben werden. Vorrang hat dabei die Suche nach Materialien, die eine terminale Sterilisation überstehen. Beispielsweise ist Polypropylen widerstandsfähiger als Polyethylen. Die Wahl des Endbehältnisses ist zu begründen.
  • Großvolumige Parenteralia sollten, wenn irgend möglich, terminal sterilisiert werden.

Generell erwarten die Zulassungsbehörden eine ausführliche Begründung für die Wahl des Sterilisationsverfahrens bzw. der aseptischen Herstellungsschritte in Form einer Nutzen-Risiko-Betrachtung.

Die Essenz der in den einzelnen Kapiteln der Leitlinie beschriebenen Anforderungen befindet sich in den beiden Entscheidungsbäumen zur Sterilisation von Produkten in verschiedenen Verabreichungsformen (Liquida wässrig; Liquida nicht wässrig, Semi-Solida, Trockenpulver).

Die Kommentierungsfrist für die Draft Guideline on the sterilisation of the medicinal product, active substance, excipient and primary container endet am 13. Oktober 2016.

 

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