Das eTACT-Projekt der EDQM: ein Rückverfolgungsdienst von Arzneimitteln zur Bekämpfung von Fälschungen

Die Herstellung und der Vertrieb gefälschter Arzneimittel (das sind nachgeahmte Arzneimittel, die vorgeben, richtige, zugelassene Arzneimittel zu sein) ist zu einem wachsenden, weltweiten, illegalen Geschäft geworden, das für die ahnungslosen Patienten eine große Gesundheitsgefahr darstellt.

Es sollte niemanden überraschen, dass nach der Veröffentlichung der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel (2011/62/EU) durch die Europäische Kommission am 01. Juli 2011 verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen wurden, die das Problem der gefälschten Arzneimittel auf europäischer Ebene aus verschiedenen Blickwinkeln angehen.

Die Industrie hat ihre eigenen Prioritäten und sie verfügt über die Ressourcen, ihre Meinung deutlich zum Ausdruck zu bringen; beispielsweise in Bezug auf das Europäische Stakeholder Modell (ESM), das derzeit von den Stakeholdern der pharmazeutischen Lieferkette entwickelt wird.

Der Europarat und das Europäische Direktorat für Arzneimittelqualität (EDQM) arbeiten ihrerseits bereits seit Jahren daran, die internationale Koordination und Kooperation zu stärken. Damit soll sichergestellt werden, dass die Strategien zur Bekämpfung gefälschter Arzneimittel effektiver werden und auf den Patienten ausgerichtet bleiben. In der Präambel der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel wird das anerkannt.

Deshalb hat das EDQM Mitte 2009 das eTACT-Projekt als Teil der Strategie des Europarates im Kampf gegen gefälschte Arzneimittel ins Leben gerufen. Damit soll ein harmonisiertes, standardisiertes und zentralisiertes Rückverfolgungs- und Massenserialisierungssystem entwickelt werden, das von den Behörden und allen Stakeholdern genutzt werden kann - nicht nur von den Herstellern, Lieferanten, Vertriebshändlern und Pharmazeuten, sondern auch von den Patienten. Es soll unabhängig von der Vertriebsroute eingesetzt werden können, auch bei legalen Internetverkäufen. Im Anwendungsbereich sind alle Arzneimittel der legalen Lieferkette abgedeckt und eTACT wird nicht nur allen 36 Mitgliedstaaten der Europäischen Arzneibuch-Kommission offenstehen. 

In seiner derzeitigen Entwicklungsphase besteht eTACT aus einem Live-Demonstration-IT-System. Aufgrund seiner hohen Flexibilität kann die Interoperabilität zwischen bestehenden und zukünftigen nationalen Systemen erreicht werden. eTACT wurde bereits in einer frühen Phase den Bedürfnissen der Stakeholder angepasst. Vermutlich wird es in diesem Bereich weitere Entwicklungen geben, da die Beratungen mit den Stakeholdern über ihre technischen Anforderungen, ihre Erwartungen und über betriebliche Einschränkungen fortdauern.

Die Live-Demo im Labormaßstab enthält Warnfunktionen für das Aufspüren und die Verhinderung realer Fälschungsfälle entlang der gesamten Lieferkette bis zur Patientenebene. Sie wurde vollständig getestet, auch in realitätsnahen Situationen und es wurde eine Studie zur Skalierbarkeit durchgeführt, in der verschiedene technische Optionen wie ein Lizenzmodell für die Software geprüft wurden.

Die Möglichkeit für Patienten, die Echtheit ihrer Arzneimittel zu überprüfen, ist eine einzigartige Besonderheit des Projekts der EDQM, die signifikant zur Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die legale Lieferkette beitragen wird. Der Zugang der Patienten zu dem System wird auf die Überprüfung gerichtet sein. Angesichts der Tatsache, dass die Legitimation der Patienten aus Datenschutzgründen nicht geprüft wird, erhalten sie ein für ihre Bedürfnisse angemessenes Maß an Informationen.

Im Sinne der Interoperabilität wurden für die eTACT Demo - zusammen mit anderen vorgeschlagenen Lösungen von geringerer Tragweite - die Standards der GS1 als wichtigste Standards gewählt. GS1 ist eine internationale, gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, die Effizienz und Transparenz der Lieferketten zu verbessern. Es werden die folgenden Standards verwendet: GTIN (Global Trade Item Number, Globale Artikelidentnummer) für die Nummerierung des Produkts, sGTIN (GTIN mit Seriennummer) plus Chargennummer, plus Verfallsdatum für die Nummerierung einzelner Objekte und EPCIS (Electronic Product Code Information Services, Informationsservices zum elektronischen Produktcode) für die Verbindung mit anderen Systemen.

Derzeit hat keine der sich in Entwicklung befindlichen Optionen zur Arzneimittelüberprüfung die Details ausgearbeitet, wie ein paneuropäisches System mit nationalen oder regionalen Systemen verknüpft werden kann. Das eTACT-System stellt eine grundsätzliche Einhaltung der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel sicher und verfügt gleichzeitig über die inhärente Flexibilität zur Verbindung mit nationalen Überprüfungssystemen. Außerdem kann es ausgeweitet werden, um ein Niveau der Rückverfolgbarkeit zu erreichen, das in den delegierten Rechtsakten der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel und in anderen europäischen Bestimmungen innerhalb der EU und über die EU hinaus noch festzulegen ist.

Die Flexibilität, die durch die öffentlich verfügbaren, vom EDQM genutzten Standards erreicht wird, ermöglicht eine zusätzliche Überprüfung während der gesamten Lieferkette, wenn die Nutzer dies wünschen sollten. Deshalb deckt das eTACT-System die Aggregation ab und bietet eine Kodierung und Serialisierung auf der zweiten Verpackungsebene an, auch bei Bündeln, Versandkartons und Paletten. Diese Funktionalität deckt die Notwendigkeit ab, die legale Lieferkette an ihrer schwächsten Stelle zu verstärken. Dass dies erforderlich ist, zeigen die Fälschungsfälle, die in den letzten Jahren in der legalen Lieferkette aufgetreten sind. Sie erfüllt auch die Anforderung der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel, nach der Großhändler dazu in der Lage sein müssen, die Arzneimittel unter Verwendung eines Serialisierungssystems zu überprüfen. Wenn eTACT auf Produktionsmaßstab gebracht wird, wird diese Funktion so entwickelt, dass eine angemessene Balance zwischen den Vorzügen verstärkter Rückverfolgungsüberprüfungen und den zusätzlichen Betriebskosten sichergestellt wird. Dem EDQM ist die mit der Aggregation verbundene zusätzliche Komplexität durchaus bewusst. Es wird sicherstellen, dass die spezifischen betrieblichen Einschränkungen der Aggregation bei der Entwicklung des zukünftigen, auf Produktionsmaßstab gebrachten Dienstes in hohem Maße berücksichtigt werden. Für Umverpacker wurde dies bereits getan. Es gibt in dem Demo eTact-Dienst verschiedene technische Lösungen, welche die unterschiedlichen Verwendungsszenarien der Umverpackungsoperationen abdecken.

Das eTACT-System wird sich auf ein zentrales EDQM-Datenarchiv stützen. Dieses Datenarchiv wird nach einem Informationsaustauschmodell von den dezentralisierten Datenarchiven unterstützt, die sich bei Herstellern oder nationalen Behörden befinden. Die bestehenden nationalen Systeme werden nicht ersetzt. Als vertrauenswürdige, öffentliche Stelle, ist das EDQM hervorragend dafür geeignet, in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden für die öffentliche Kontrolle des Systems zu sorgen, um einen Missbrauch der Daten zu verhindern (beispielsweise Wirtschaftsdaten oder Patienteninformationen über die Produkte).

Angesichts des aktuellen Entwicklungsstands der verschiedenen Lösungen, die für eine Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel in Europa vorgeschlagen wurden, und die letztendlich alle das Ziel haben, praktisch und kosteneffektiv zu sein, ist es verfrüht, definitve Angaben zu den Vorzügen der jeweiligen Systeme in Bezug auf die Anwendbarkeit und die Kosten zu machen. Wenn die einzelnen Projekte in die Endphase kommen, werden die jeweiligen Vorzüge viel deutlicher hervortreten.

Die Betriebskosten des sich vollständig in Betrieb befindlichen türkischen Track & Trace Systems (ITS) wurden auf weniger als € 0,01 je Schachtel reduziert. Damit liegen die Kosten deutlich unter den Kosten, die bei der EMS-Lösung je Schachtel erwartet werden. Angesichts des Anwendungsbereichs des ITS, einem vollständigen Track & Trace System, ist das EDQM zuversichtlich, dass die Kosten für eTACT sogar noch geringer sein werden.

Es wird erwartet, dass die delegierten Rechtsakte, die in der Richtlinie über gefälschte Arzneimittel vorgesehen sind, im Jahr 2014 veröffentlicht werden. Weitere drei Jahre wird es dauern, bis eine mögliche Frist für die Umsetzung der Systeme abläuft, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen.

Das EDQM möchte bereits vor diesem Stichtag ein vollständig getestetes und abschließend kalkuliertes System vorlegen.

Hinweis: Bei dem Seminar "Etikettierung und Bedruckung von Packmitteln: Vignetten, Bollini und Barcodes / 2D-Data Matrixcodes" am 6. Dezember 2012 in Mannheim wird Dr. Hans-Joachim Bigalke vom EDQM das eTACT System vorstellen. 

Quelle: European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) (Europäisches Direktorat für Arzneimittelqualität)

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