"Bracketing" bei der Prozessvalidierung
"Bracketing" bei der Prozessvalidierung ist mittlerweile gängige Praxis. In den USA ist Bracketing erfahrungsgemäß schon länger möglich, in die Annex 15 Revision wurde das Thema 2015 mit aufgenommen (Kapitel 5.4.).
Es ist laut Annex 15 ein wissenschafts- und risikobasierter Validierungsansatz, bei dem während der Prozessvalidierung nur Chargen geprüft werden, die Extreme bestimmter vorhder festgelegter und begründeter Designfaktoren darstellen, z. B. Stärke, Chargen- und/oder Packungsgröße. Bei diesem Konzept wird davon ausgegangen, dass die Validierung aller Zwischenstufen durch die Validierung der Extremwerte repräsentiert wird.
Anwendung von Bracketing erfodert gute Begründung
Das Bracketing-Konzept muss allerdings gut begründet werden. Das zeigt ein aktueller Warning Letter der US FDA.
Mit Hinweis auf den 21 CFR 211.100 ("written procedures for production and process control") kritisiert die FDA eine fehlende Prozessvalidierung bei einer Auftragsfertigung. Der Validierungsplan ("Process Qualification Protocol - Mixing/Formulation") des Lohnauftragnehmers kategorisierte alle Produkte in 3 Gruppen entsprechend der therapeutischen Indikation und des Darreichungsweges. Für jede der 3 Gruppen wurde Prozessvalidierung mit einem Produkt durchgeführt. Die FDA kritisiert hier, dass es keine ausreichende wissenschaftliche Rationale dafür gibt, dass die Prozessvalidierung repräsentativ für alle anderen Produkte ist.
In der Antwort bot der Auftragshersteller an, die gefertigten Produkte zu "reviewen", um festzustellen, welche Produkte eine Validierung benötigen. Neu eingeführte Produkte sollen validiert werden. Schon eingeführte Produkte werden validiert, wenn Aufträge dafür eingehen.
Damit war die FDA nicht zufrieden. Sie fordert eine Risikobetrachtung aller auf dem Markt befindlichen Produkte, die nicht validiert sind. Ferner verlangt sie "interims" Kontrollen bis die Prozessvalidierung komplett abgeschlossen ist. So weit, so gut. Des Weiteren verlangt die FDA:
- eine Zusage, dass eine dritte Partei ein unabhängiges Review aller Validierungsaktivitäten übernimmt und auch die "Oversight" darüber.
- Eine Zusage und einen Vorschlag, dass vertiefte Freigabetests erfolgen, bis die Prozessvalidierung komplett abgeschlossen ist.
- Eine detaillierte Übersicht über das firmeninterne Validierungsprogramm einschließlich damit verbundener Prozeduren. Insbesondere die "PPQ" und die "Continued Process Verification" sollen beschrieben werden.
- Eine Zeitschiene für die PPQ, auch für Produkte, bei denen keine "Continued Process Verification" erfolgt.
- Ein Programm für die Geräte- und Raumqualifizierung.
- Eine Bewertung, dass für jedes Arzneimittel ein datenbezogenes und wissenschaftlich begründetes Programm vorliegt, das Prozessvariabilitäten identifiziert und steuert.
Im Warning Letter wird dann noch darauf hingewiesen, dass ähnliche Verstöße schon in vergangenen FDA-Inspektionen entdeckt wurden und deshalb ein GMP-Berater engagiert werden sollte. Interessanterweise soll dieser GMP-Berater auch ein Six-System-Audit über alle GMP-Tätigkeiten des Unternehmens und das CAPA-System durchführen. Es wird dann auf eine alte FDA Quality System Approach Leitlinie hingewiesen, in der das System beschrieben ist.
Fazit: Brackting-Ansätze bei der Prozessvalidierung sollten über eine ausreichend wissenschaftliche Rationale begründet werden.
Sie finden den gesamten Warning Letter wie immer auf der FDA-Website