API Starting Materials - Das neue Q&A Dokument zu ICH Q11

Die Auswahl eines Starting Material zur Synthese eines Wirkstoffs und ihre Begründung ist häufig einer der heikelsten Schritte im Zulassungsprozess. Die Assessoren der Zulassungsbehörden in den europäischen Mitgliedstaaten müssen beurteilen, ob die Angaben zur Rechtfertigung dieser Auswahl ausreichen. Die Kriterien hierfür sind in der Leitlinie ICH Q11 aus dem Jahr 2012 beschrieben - allerdings nicht ausreichend präzise. Dies führte in der Folge dazu, dass Rückfragen und Nachforderungen seitens der Behörden häufig den Zulassungsprozess verzögerten. Um hier die Grundlagen für ein einheitlicheres Verständnis bei Assessoren und Antragstellern hinsichtlich der Angaben zu Starting Materials in Modul 3 (Abschnitt 3.2.S.2.2) zu schaffen, hat die ICH am 6. September diesen Jahres die finale Version (Step 4) des Frage und Antwort Dokuments zu ICH Q11 veröffentlicht. Angekündigt wurde dieses Q&A Dokument von der ICH bereits Ende 2014 in einem Concept Paper zu ICH Q11.

Das Dokument enthält insgesamt 16 Fragen und die entsprechenden Antworten, die sich ausschließlich auf Kap. 5 der ICH Q11-Leitlinie Selection of Starting Materials and Source Materials beziehen. Nachfolgend eine Auswahl an Fragen/Antworten zu speziellen Teilaspekten:

Begriffsklärung

Frage
: Entspricht das in ICH Q11 beschriebene "Starting Material" dem "API Starting Material" in der Leitlinie ICH Q7?

Antwort: Ja, die beiden Begriffe sind synonym. Die Bestimmungen in ICH Q7 beziehen sich auf die GMP-gerechte Herstellung von Wirkstoffen, nicht jedoch auf die Vorgehensweise bei der Auswahl und Rechtfertigung von Starting Materials. Dies regelt ICH Q11.

Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer "kommerziell erhältlichen" (commercially available)  und einer "kundenspezifisch hergestellten" (custom synthesised) chemischen Substanz?

Antwort: ICH Q11 bezeichnet eine "kommerziell erhältliche Substanz" als eine solche, die zusätzlich zu ihrer Verwendung als Starting Material auch als Handelsware oder Bedarfsartikel auf dem nicht-pharmazeutischen Markt angeboten und verkauft wird. Der Begriff "kundenspezifisch hergestellt" wird in ICH Q11 nicht definiert; man versteht jedoch üblicherweise darunter eine Substanz, die ausschließlich für die pharmazeutische Fertigung unter Berücksichtigung der Anforderungen des Kunden synthetisiert wurde. Die Unterscheidung dieser beiden Begriffe spielt in der Q11-Leitlinie insofern eine wichtige Rolle, als der Antragsteller die Verwendung einer "kommerziell erhältlichen" Substanz als Starting Material im Dossier nicht begründen muss - im Gegensatz zu den "kundenspezifisch hergestellten" Verbindungen. Diese fallen unter den Regelungsumfang von ICH Q11. Das gleiche gilt für Zwischenprodukte (intermediates), die nach ICH Q11 nicht als "kommerziell erhältlich" gelten.

Verunreinigungen

Frage: Nach ICH Q11 müssen Herstellungsschritte, die das Verunreinigungsprofil des Wirkstoffs verändern können, in die Beschreibung des Herstellprozesses in Abschnitt 3.2.S.2.2 des CTD mit einbezogen werden. Ab welcher Größenordnung von verwandten Substanzen oder mutagenen Verunreinigungen kann man von einem solchen Einfluss ausgehen?

Antwort: Für nicht mutagene Verunreinigungen gelten die in ICH Q3A festgelegten Grenzwerte. Bei verwandten Substanzen als Verunreinigungen, die in einer diese Grenzwerte übersteigenden Größenordnung vorliegen, muss man von einem Einfluss auf das Verunreinigungsprofil ausgehen. In diesem Fall muss im Dossier die Kontrollstrategie beschrieben und die Wahl des Starting Material begründet werden.
Für mutagene Verbindungen ist der in der Leitlinie ICH M7 beschriebene 30%-Grenzwert maßgebend.

Frage: Was versteht ICH Q11 im Beispiel 4 unter "persistierenden" Verunreinigungen?

Antwort: Damit sind Verunreinigungen gemeint, die über mehrere Synthesestufen hinweg nicht abgereichert werden, sondern unter Umständen bis im Endprodukt verbleiben (z.B. Enantiomere). Wenn innerhalb einer Syntheseroute eine persistierende Verunreingung auftaucht, kann es akzeptabel sein, diese Verunreinigung über die Spezifikation des Starting Material zu kontrollieren, selbst wenn das Verunreinigungsprofil des Wirkstoffs verändert wird. In diesen Fällen kann auf die genaue Beschreibung der Syntheseschritte, in denen diese Verunreinigung gebildet wird im Dossier (Abschnitt 3.2.S.2.2) verzichtet werden, vorausgesetzt die anderen allgemeinen Grundsätze von ICH Q11, Abschnitt 5.1.1 werden beachtet.

Änderungen im Prozess

Frage: Kann das in Abschnitt 9 von ICH Q11 beschriebene Management des Wirkstoff-Lebenszyklus auch auf Starting Materials übertragen werden?

Antwort:  Ja. Änderungen in früheren Syntheseschritten (upstream) müssen im Rahmen des Qualitätssicherungssystems des Antragstellers erfolgen. Dabei sind Restrisiken in Bezug auf die Qualität des Wirkstoffs zu bewerten. Die entsprechenden Bestimmungen aus ICH Q7 und ICH Q7 Q&A document (jeweils Kap. 7 und 13), Q9 und Q10 (Kap. 2.7) müssen dabei auch auf Starting materials angewendet werden.

Frage: Enthält ICH Q11 spezielle Bestimmungen für Änderungen in früheren Syntheseschritten (upstream) des Starting Materials (Änderungen der Syntheseroute, der Reagenzien, Lösungsmittel, Lieferanten) nach erfolgter Zulassung (post approval changes)?

Antwort: Nein. ICH Q11 beschreibt im Abschnitt 9 grundlegende wissenschaftlich begründete und risikobasierte Konzepte zur Bewertung von solchen Änderungen nach Herstellung des Starting Material. Diese Konzepte sollten jedoch sinngemäß auch auf die früheren Syntheseschritte vor Herstellung des Starting Material angewandt werden.

Hinter der sehr differenzierten Beschreibung der Sachverhalte mit diesem Frage/Antwort-Format steht die Absicht, die Unschärfen in der Auslegung von ICH Q11 weitgehend zu beseitigen. Zusammen mit dem kürzlich veröffentlichten aktualisierten Reflection Paper der EMA zu API Starting Materials stehen nunmehr den Zulassungsantragstellern sowie den Assessoren hinreichend detaillierte Dokumente zur Verfügung, die die Voraussetzungen für eine einheitlichere Interpretation von ICH Q11 schaffen. Ob dies die Zulassungsverfahren beschleunigen wird, bleibt abzuwarten.

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