Anforderungen an Druckluft in der Arzneimittel-Herstellung

Gasförmige Medien wie Druckluft werden in vielen Fällen produktberührend eingesetzt. Sie sind somit qualitätsrelevant, insbesondere natürlich bei sterilen Produkten. Dennoch sind sie in den Arzneibüchern im Vergleich zu den pharmazeutischen Wasserqualitäten relativ ungenau spezifiziert. Die Parameter und Grenzwerte müssen vom Anwender selbst festgelegt werden.

Dabei kommt es immer wieder zu Fehlern, weil Anforderungen ungenau formuliert sind. Klassiker ist die Vorgabe "sterile Druckluft", ohne die Auswirkungen für das Rohrleitungsnetz und die dann notwendige Sterilisierbarkeit des gesamten Systems zu bedenken. Ein zweiter "Klassiker" ist die Forderung "ölfrei" für Druckluft - ohne die Festlegung eines sinnvollen Grenzwertes in mg/m³.

Eine naheliegende Spezifikation enthält, wie auch beim Pharmawasser, das Europäische Arzneibuch. Diese Vorgaben gelten aber eigentlich nur, wenn eine rechtliche Einstufung des Gases als Arzneimittel oder als Medizinprodukt erfolgt ist. Die Vorgaben bzgl. Arznei gelten z.B. wenn Patienten im Krankenhaus mit Luft beatmet werden, da das Gas bei dieser Anwendung direkt dem Patienten zugeführt wird. Die Vorgaben aus dem Arzneibuch unbesehen in die Spezifikation einer Druckluft-Anlage für die Arzneimittel-Produktion zu übernehmen, kann zu unnötig teuren und ineffizienten Bauformen führen. Details der Monographie im Europäischen Arzneibuch für ‚Medizinische Luft' werden nachfolgend diskutiert.

Bzgl. Öl findet sich in der European Pharmacopoeia die Vorgabe: "Oil: maximum 0.1mg/m³, determined using an oil detector tube (...), when an oil lubricated compressor is used for the production." Diese Öl-Detektor-Röhrchen sind nicht optimal zu benutzen. Der minimal detektierbare Wert ist 0.1mg/m³ und der Farbumschlag des Schwefelsäure-Absorbers ist nur sehr schwer auszumachen. Im "Kleingedruckten" wird zusätzlich oftmals gefordert, dass man den Typ des Öles kennen und ein spezifisches Röhrchen für die verschiedenen Öle nutzen muss. Eine vernünftige vorbeugende Bestimmung eines Warnwertes etwa von 0,05mg/m³ eines unbekannten Öles ist damit nicht möglich. Viele pharmazeutische Betriebe mit öl-kritischen Prozessen nutzen heute Online-Messgeräte für den Ölgehalt in der Druckluft. Die Geräte arbeiten ähnlich wie die TOC-Messung im Wasser: Kohlenwasserstoffe werden zu CO2 oxidiert und als CO2 gemessen. Nun ist im Europäischen Arzneibuch aber nicht definiert, was genau Öl ist: Öl-Aerosole, Öldampf, oder ob alle Kohlenwasserstoffe in der Luft wie Öl betrachtet werden sollen. Obenstehende Formulierung im Europäischen Arzneibuch befeuert auch den Irrglauben, dass Öl nur über den Kompressor in die Druckluft gelangt. Theoretisch kann man gem. o.a. Vorschrift einen neuen ölfreien Kompressor an ein altes veröltes Rohrnetz anschließen - und muss trotzdem nicht messen. In der Praxis haben wir Arzneimittel-Produktionen, die die 0.1mg/m³ überschreiten, weil in der Nähe der Luftansaugung des Kompressors mit Lecksuchspray gearbeitet oder der Notstromdiesel getestet wird - oder auch, aufgrund des Staus auf einer naheliegenden Autobahn.
Bei den Prüfbedingungen für den Wassergehalt gibt es auch Besonderheiten (max. 67ppm V/V für Druckgasflaschen bzw. max. 870ppm V/V für mittels Kompressor erzeugter Druckluft).

In der USP (dem amerikanischen Arzneibuch) wird es bei der Prüfung des Wasser- oder Ölgehaltes sehr einfach gehandhabt: Vorgegeben ist der sogenannte Spiegeltest. Hierbei lässt man das Gas gegen eine saubere Fläche strömen und prüft, ob sich dort Öl-Schlieren oder Wassertropfen bilden. Diese technologisch eher schlichte Vorgabe der US-Kollegen sollte uns Europäer daran erinnern, bei der Festlegung von Grenzwerten und der Bewertung von Überschreitungen mit Augenmaß vorzugehen.

Eine weitere mögliche Druckluft-Spezifikation ist die ISO 8573-1 aus dem Jahr 2010. Für Pharma-Anwendungen ist teilweise eine Spezifizierung gemäß Klasse 2 sinnvoll. Vorsicht ist jedoch bzgl. Partikeln geboten, denn diese Norm gibt vor, dass in den Klassen 1-5 keine Partikel größer 5µm enthalten sein dürfen. Typische Edelstahl-Rohrsysteme im Pharmabetrieb mit Zentralfilter direkt nach der Erzeugungsanlage erfüllen diese Forderung nicht. Diese Druckluftnetze werden mit Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 80m/s betrieben, Druckminderer und Ventile können auch Partikel abgeben.Die Grenzen für Partikel sollten deshalb anhand der Reinraumklassen selbst festgelegt werden.

Für die Klassen A und B muss ein 0,2µm Point of Use-Filter die Sterilität und die erforderliche Reduktion der Partikellast für einströmende Druckluft gewährleisten. In einem solchen Reinraum sitzende pneumatische Ventile müssen dann typischerweise auch mit dieser filtrierten Luftgüte versorgt werden.
Mikrobiologische Grenzwerte fehlen für die Druckluft sowohl im Arzneibuch als auch in der ISO 8573. Auch hier empfiehlt es sich, die Grenzen anhand der Reinraumklassen festzulegen, in welchen die Druckluft genutzt wird - z.B. für Klasse C die max. zulässigen 100KBE/m³ aus dem Annex 1 zu übernehmen.

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